Der südliche Teil des Riethüsli 1945: Noch war Oberhofstetten nicht überbaut, die Pflanzplätze links unten aus der Kriegszeit bestehen noch, die Schanze muss wieder aufgebaut werden.    Stadtarchiv

Die geplante Überbauung der letzten grossen, freien Baulandparzelle in Oberhofstetten, der Wiese oberhalb des Guggerwegs resp. unterhalb der Guggerstrasse, ist nicht das erste Projekt für diesen Standort. Daran erinnert unser Lokalhistoriker Fredi Hächler in seinem Beitrag, welcher bis zu den Kriegsjahren zurückreicht.

Fredi Hächler

1945 war das Riethüsli eine kleine, dörfliche Einheit. Die Bevölkerung bestand aus Arbeitern und Angestellten, die ihre Freizeit gemeinsam im Skiclub oder im Männerchor verbrachten. Seit dem Ersten Weltkrieg gab es praktisch keine Neubauten mehr, aber mehrere Wirtshäuser, verschiedene Läden und kleine Gewerbebetriebe. Erst 1953 gab es beim Nestweiher erste neue Wohnblöcke, seit 1955 fuhr der Bus ins Nest.

11 Jahre später: 1956. Links die Baumschule und rechts die Triebhäuser der Gärtnerei Wartmann/Buchmüller, sowie die Sprungschanze. Im Grund entstanden 3 neue Wohnblöcke, rechts im Vordergrund die ehemalige Watt-Siedlung.        Foto Gross

Seit dem Mittelalter war Oberhofstetten eine Sonnenterrasse für Bauern und Wohnsitz der äbtischen Beamten. Bis zu dieser Zeit hatte sich kaum etwas verändert. Doch ab den 1960er-Jahren wurde diese Gegend von der Stadt als idealer Wohnplatz entdeckt. Die erste Überbauung realisierte der Katholische Arbeiter Bund (KAB) von 1966-68 mit den Häusern an der Oberhofstettenstrasse 10 bis 32, die weissen Würfel.

 

Wohnraum für 2000 (!) Personen – Hochhäuser auf der Solitüde

Ausgelöst wurde der städtische Bauboom und der Zukunftsoptimismus durch die günstige allgemeine Wirtschaftslage. Die Hochkonjunktur verlangte nach Expansion und man sah hier vorerst neuen Wohnraum für über 2000(!) Personen. Man pries es als grösstes Überbauungs-Projekt seit Jahrzehnten für 3,57 Millionen Franken (St.Galler Tagblatt vom 19. Juni 1971).

In den 60er-/70er-Jahren wollte die Stadt auf den Hügeln des Grünen Rings städtebauliche Akzente setzen. Auf der Krete bei der Solitüde sollten drei Hochhäuser gebaut werden, sogenannte landschaftliche Merkpunkte.

Aber noch gab es ein Problem: Die alte Zufahrt nach Oberhofstetten war zu schmal und zu steil für weitere Überbauungen. Für die verkehrstechnische Erschliessung von Oberhofstetten wurde anstelle der zu steilen Solitüdenstrasse eine neue Erschliessungsstrasse am Hang der ehemaligen Sprungschanze (das Gebiet des heutigen Guggerwegs) geplant (siehe Plan).

Der offizielle Plan: Beim Im Grund 22 sollte die neue Strasse nach links grosszügig durch den Schanzenhang und den heutigen Guggerweg gebaut werden, dazwischen die Wohnblöcke (rot). Stadtarchiv

Stadtbaumeister Biegger warb an der HV des QV Riethüsli für diese städtebaulichen Visionen der grosszügigen Erschliessungstrasse und die Hochhäuser.

Von der Skepsis zur Ablehnung

Doch langsam dämmerte in den Köpfen der Quartierbewohner, was dieser städtische Optimismus für sie bedeuten würde. Hochhäuser auf der geliebten Solitüde, eine breite Durchgangsstrasse über die Oberhofstetten nach Bruggen. Dazu kamen noch die Bodenspekulationen bei der Überbauung des Schanzenhanges, die dank dem St.Galler Tagblatt vom 2. Februar 1972 publik  wurden: Edi Oskar Nuber/F. Spälty sollen innerhalb von wenigen Tagen mit undurchsichtigen Händeln einen Gewinn von 1,6 Millionen Franken erzielt haben.

In der städtischen Vorlage für die Erschliessung Oberhofstetten wurden diese zwei umstrittenen Punkte schliesslich fallen gelassen und die neue Vorlage am 5. März 1972 im Sinne der Quartierbewohner ungefähr in der heutigen Form in einer städtischen Volksabstimmung angenommen und die Solitüdenstrasse entsprechend saniert.

Die Initianten der geplanten Wohnblöcke liessen 1973 die schon erstellen Pläne fallen und die erworbenen Anteilsscheine von je 10’000 Franken pro Objekt wurden hinfällig.

Die Wiese schlummerte viele Jahre einen Dornröschenschlaf, aus dem sie nun erweckt werden soll, mit einer Reihenhaussiedlung für 9 Familien.