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19.05.2021

Michi Schober: «Die Chance für Neues gepackt» 

Corona – und was es mit uns gemacht hat

Michi Schober, leidenschaftlicher Fotograf. Foto: zVg.

Der 16. März 2020 ist ein Datum, welches wir nicht so schnell vergessen werden: An diesem Tag stand die Schweiz still, die Schulen wurden geschlossen und nur wer systemrelevant war, durfte für die Arbeit das Haus verlassen. Wie hat es sich angefühlt? Nicht ganz repräsentativ haben wir je eine/einen Angehörige/n jeder Generation dazu befragt. Heute: Michi Schober.

Claudia Jakob

Für Michi Schober war der 16. März 2020 in einem weiteren Sinne speziell: Seinen Geburtstag feierte er an diesem Tag ohne Freunde. Mit einem hätte er nicht gerechnet: Dass er auch im Jahr 2021 seinen Geburtstag ohne Gäste verbringen würde.

Vor einem Jahr zog ich mit meiner Fa­milie an die Hafnerwaldstrasse. Wäh­rend Corona umzuziehen hat den Vor­teil, dass die Freunde tatkräftig mithel­fen können, da alle Wochenenden frei sind. Es gibt keine Konzerte, Open-airs, Theateraufführungen, Feste und weitere Unterhaltungsmöglichkeiten, wel­che in einem normalen Jahr die Agenda füllen. Nun sehen wir die Kehrseite der Medaille: So dauert es sehr lange, die Nachbarn kennenzulernen, da ja die vorhin erwähnten Events und Quar­tierfeste entfallen.

Zum Glück gibt es offene und kontaktfreudige Menschen, die einem das Ein­leben in dieser schwierigen Situation erleichtern. Zu diesen gehört Michi Schober mit seiner Frau Lea, die ganz nah bei uns wohnen.

Nie wieder einen Geburtstag ohne Corona-Gedanken

Schmunzelnd beginnen wir unser Ge­spräch in der Wohnstube der Familie Schober. Dass Michi einen weiteren Geburtstag während eines Lockdowns feiern würde, damit habe er nicht ge­rechnet. Der 16. März war bisher ein wichtiges Datum für ihn, weil es sein Geburtstag ist. Doch seit dem letzten Jahr verbinden wir mit diesem Datum den ersten Lockdown, den die Schweiz in ihrer bisherigen Geschichte erlebt hat. Während er am letztjährigen Geburtstag in einem Schockzustand gewesen war und, wie viele von uns, nicht wusste, was ihn erwarten würde, sehnte er sich bei seinem diesjährigen Geburtstag nach ungezwungenen und spontanen Besuchen von seinen Freunden.

Mein Job ist nicht mehr der gleiche

Seinen Geburtstag alleine zu feiern war aber nicht Michis grösstes Prob­lem im letzten Jahr. Im Dezember 2019 wechselte er von der Selbstständigkeit zu einem neuen Arbeitgeber als Aus­sendienstmitarbeiter. Dieser Beruf be­inhaltet viele Kundenbesuche, Essen in Restaurants und regelmässige Treffen mit dem Team. Also alles Dinge, die in Zeiten von Corona nur erschwert oder gar nicht möglich sind.

«Nach dem Schock kam die Erkenntnis: Die neue Situation hat nicht nur schlechte Seiten, ich kann Corona auch Positives abgewinnen!» 

In dieser unsi­cheren Zeit plagten ihn auch Ängste, ob er seinen Job behalten würde. Er arbei­tete gerade mal knapp vier Monate lang im neuen Büro und hatte wenig Gelegenheiten zu zeigen, was er alles draufhatte. Durch das Homeoffice und die überfordernde Situation, welche die Arbeit mit den Kunden erschwerte, wurde Michi in seinem Tun gebremst. Sein Job sei nicht mehr der gleiche, heute fühle er sich mehr als Sachbear­beiter denn als Verkäufer. Während er zu normalen Zeiten etwa 30 Prozent seiner Arbeitszeit im Büro (im Moment zu Hause) verbrachte, sind es heute deren 90. Auch das Einleben in das Team wurde durch das Homeoffice erschwert: Kein Firobigbier oder sponta­ne Gespräche während des Mittages­sens, welche einem das Kennenlernen der neuen Mitarbeiter*innen erleich­tern würden.

Corona: Es ist nicht alles schlecht

Aber Michi ist ein Stehaufmännchen und hat eine positive Einstellung zu neuen Situationen. So sieht er auch ei­nige gute Seiten der Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Während er früher oft nach Zürich fahren muss­te, kann er sich heute die Anfahrtswege sparen und die Arbeitszeit effizienter nutzen. Auch ist ihm aufgefallen, dass er zu Hause viel produktiver ist als im Büro. Er beginnt frühmorgens und ar­beitet manchmal bis in den Abend hin­ein. «Ich muss ja nicht mehr nach Hause fahren, deshalb packe ich ab und zu um 17 Uhr noch ein grösseres Projekt an», erzählt Michi.

Weiter sieht er in der effizienten Entwicklung, welche die IT-Branche im letzten Jahr durch­lebt hat, einen weiteren positiven As­pekt der Coronawelle. «Der Druck, den das Virus auf die Unternehmen in Sa­chen IT-Entwicklung ausgeübt hat, war enorm wichtig für die Digitalisie­rung der Arbeitswelt.» Heute sei Microsoft Teams sein treuer Begleiter, sei es auf dem Handy oder dem Com­puter. Während Michi eingangs des Gesprächs noch den Treffen mit seinen Freunden nachtrauerte, erwähnt er, nicht ohne ein freches Grinsen, was ihm im letzten Jahr weniger gefehlt hat: Die obligaten Treffen mit der grossen Familie.

GALERIE: Beispiele aus dem Schaffen von Michi Schober

  • Tessin, Hängebrücke

  • Alpstein, Meglisalp

  • Tessin, Val Bavona

Zeit für seine Leidenschaft

Während die einen in dieser Zeit der fehlenden Konzerte, Theaterbesuche oder spontanen Treffen mit Freunden Bananenbrot backten, nutzte Michi die Zeit, sein Hobby zu professionalisieren und weiterzuentwickeln: Die Fotogra­fie bekam einen neuen Stellenwert in seinem Leben.

Vor zwanzig Jahren begann er mit ei­nem Fotokurs, später besuchte er die Kunstschule und «der Virus des Foto­grafierens» hatte ihn immer mehr und mehr gepackt. Im Januar dieses Jahrs richtete er mit Freunden ein Fotostu­dio in der Neugasse ein, weitere Informationen unter www.schoberphoto. com.

Corona hat ihm auch hierbei geholfen: Während er früher gerne verlassene Gebäude fotografierte, wagte er sich während des Lockdowns an Portraits heran. Um die richtige Technik zu er­lernen, suchte er Schaufensterpuppen, was sich während dieser Zeit jedoch als Herausforderung darstellte, da die Lä­den geschlossen waren.

Worauf freust du dich, wenn der ganze Zirkus irgendwann vorbei sein sollte?

Die Treffen mit Freunden, ein spontanes Glas Wein oder einen Aperitif in der Stadt, dies sind die Dinge, welche Michi seit einem Jahr vermisst. Als Mu­sikliebhaber fehlen ihm ebenfalls die Konzerte, welche er vor der Pandemie fleissig besuchte und ein Hobby von ihm waren. Dieses Jahr hätte er im Sittertobel sein vierzigstes Openair erlebt, dies schmerzt ein wenig, da er in allen vierzig Jahren als engagierter Helfer mit dabei gewesen war. Aber es sind nicht die Grossanlässe, welchen Michi nachtrauert.

«Ich habe erkannt, dass wir mit Grossevents überflutet werden. OLMA, OFFA oder St. Gallerfest, das ist mir zu viel geworden. Gerade die kleinen feinen Sachen, wie etwa die entspannte Stimmung an einem Floh­markt oder einem Bauernmarkt, sind es, die mir fehlen.»

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