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21.05.2023

„Nothilfe brauchen diese Menschen dort und nicht hier“

Der Verein Ukraine@Riethüsli löst sich auf -17'000 Franken gehen an die Nothilfe in der Ukraine.

Gut einen Monat nach dem Überfall auf die Ukraine wurde im Riethüsli eine Aktion zur Aufnahme von Schutzsuchenden gestartet. Der Verein Ukraine@Riethüsli engagierte sich mustergültig für die Unterbringung und Integration der Menschen aus der Ukraine. Nun wurde der Verein aufgelöst. Über die Beweggründe sprachen wir mit dem Initianten, Andreas Zanolari.

Interview: Erich Gmünder*

Rund 14 Monate nach dem Start eurer Aktion habt ihr die Auflösung beschlossen. Andreas Zanolari, warum braucht es den Verein nicht mehr?

Andreas Zanolari: Die Unterstützung von Schutzsuchenden im Quartier durch das Quartier hat ohne den Verein begonnen und wird auch ohne den Verein weiterhin existieren. Der Verein hatte einzig die Aufgabe der „finanziellen Verwaltung“ von Spendengeldern. Der Auslöser dafür war die grosse Spendenaktion der Primarschule Riethüsli, als wir auf einmal knapp 20’000 Franken an Spendengeldern erhielten. Nach einem Jahr traf sich der Vorstand, um im Rückblick festzustellen, dass wir sehr wenig von den Geldern verwendet haben und aktuell auch keinen Bedarf im Quartier feststellen. Die finanzielle Sicherheit der Schutzsuchenden wird durch die Stadt sichergestellt und für Nachbarschaftshilfe und materielle Unterstützung waren bis heute keine finanziellen Mittel nötig. Dies funktioniert im Riethüsli auch ohne Verein und dessen Vermögen vorbildlich! 

Was passiert mit dem Vereinsvermögen?

Diese Situation, kombiniert mit der Dringlichkeit der Soforthilfe in der Ukraine, hat uns bewogen, den Verein aufzulösen und unsere erhaltenen Spendengelder dem HSIO von Heidi Kundela zu übergeben. In den Hilfsprojekten von Petér Szeghlànik kann unser Geld an Orten von bitterer Not rasch eingesetzt werden. (Links am Ende dieses Beitrags)

Engagiert ihr euch im Hintergrund weiter für die Schutzsuchenden aus der Ukraine?

Ja klar! Unser Netzwerk kostet ja nichts und bleibt weiterhin vorhanden. Die Helfergruppe wird auch weiterhin für benötigte Unterstützung da sein – im Sinne von Nachbarschaftshilfe.

Was passiert, wenn sich die Geschichte wiederholt und aufgrund neuer Entwicklungen in der Ukraine wieder mehr Menschen an unsere Türen klopfen?

Wenn dieses traurige Szenario eintrifft – was ich nicht hoffe und glaube – dann wird sich bei uns nicht so viel ändern, wie vor einem Jahr. Die staatlichen/ städtischen Stellen sind eingespielt und die finanziellen Regeln geklärt. Der Überraschungseffekt ist weg und wir als Gesellschaft haben auch durchgespielte Strukturen, auf die wir nun zurückgreifen können. Sicher wird das Engagement auch im Riethüsli wieder „hochgefahren“, aber eben basierend auf den nun vorhandenen Erfahrungen.

Kannst du in ein paar Sätzen kurze Schlussbilanz ziehen?

Rückblickend haben wir – oder sicherlich ich – zu Beginn der Flüchtlingskrise aus dem lähmenden Gefühl der russischen Invasion und dem Wunsch zu helfen, einen Überaktionismus an den Tag gelegt. Dies hat zum raschen Aufbau von Ukraine@Riethüsli geführt. Damals wussten wir nicht, wie sich die Situation entwickeln wird. Die Prognosen hatten eine riesige Spannbreite von „Flüchtlingszahlen“. Wir wollten „jetzt“ und nicht zu spät helfen und auch für Worst-Case-Szenarien gerüstet sein. Ich wuchs in Buchs und Grabs auf und die prägenden Bilder von den damals ankommenden, überfüllten Flüchtlingszügen aus Bosnien hatten sicher auch ihren Einfluss. Da waren Säuglinge bis Greise, verletzte, traumatisierte und vom Kriegselend gezeichnete Menschen. Der Bahnhof Buchs verwandelte sich in eine kleine Sanitäts-Zeltstadt, und der Krankenwagen pendelte den ganzen Tag mit Blaulicht zwischen dem Spital Grabs und dem Bahnhof Buchs hin und her.

So weit ist es bei uns in St. Gallen im letzten Jahr nicht gekommen. Jedoch können wir erahnen, wie es in der Ukraine selbst aussieht. Die Berichte von Petér Szeghlànik schildern ein ebensolches Bild. Ich durfte ihn bei der letzten Sammlung im Riethüsli persönlich kennen lernen und mich aus erster Hand über anstehende Hilfsaktionen informieren. Es gibt im Osten der Ukraine so viele Menschen, die dringend Hilfe benötigen, aber nur von Trümmern umgeben sind. Nothilfe brauchen diese Menschen dort und nicht hier. Wir leben immer noch in der heilen Welt – mit einer funktionierenden Flüchtlings- und Sozialhilfe, engagierten Menschen, welche die Menschlichkeit nicht vergessen haben und im Riethüsli einander helfen. Daher lösen wir den „Spendengeld-Verein“ auf und ermöglichen Soforthilfe in der Ukraine im Umfang von zirka 17’000 Franken.

*Das Interview wurde schriftlich geführt

Spendenkonto Nothilfe für die Ukraine:

Wenn ihr spenden wollt, empfiehlt der Verein Ukraine@ Riethüsli, wegen der aktuellen Notlage in der Ukraine, den VSO von Heidi Kundela (Verein Selbsthilfeprojekte im Osten) resp. dessen Partnerorganisation HSiO (Hilfe zur Selbsthilfe im Osten) zu unterstützen:

HSiO GmbH 7000 Chur,

IBAN: CH28 0900 0000 6150 5491 4,

Vermerk «Ukraine».

Die Spenden sind steuerabzugsberechtigt.       

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