15.01.2022
„Partizipation ja gerne, aber nicht so“
Am Neujahrsapéro 2022 des Quartiervereins ging es um die Entwicklung des Quartierzentrums.
Erich Gmünder, Text und Fotos
Bei der Entwicklung des Quartierzentrums soll auch die Quartierbevölkerung ein Wörtlein mitzureden haben. Am Neujahrsapéro im ehemaligen Postgebäude wurde die angebotene Beteiligung – dem Quartierverein wurde ein Sitz in der Wettbewerbsjury offeriert – stark kritisiert und eine stärkere Partizipation gefordert.
Gisela Bertoldo – erstmals in ihrer neuen Rolle als Präsidentin des Quartiervereins – begrüsste rund 25 Besucherinnen und Besucher, welche am Eingang ihr Zertifikat vorweisen mussten. Einige, darunter auch der angekündigte Stadtrat Markus Buschor, Direktion Bau und Planung, sowie die Hälfte des Vorstandes, hatten sich wegen der aktuellen Situation entschuldigt, die anderen kamen an diesem Abend voll auf ihre Rechnung.
Allerdings erst im zweiten Teil des Abend, bei einer engagierten und teils sehr emotionalen Diskussion.
Im ersten Teil stellten Yvonne Bischof, Leiterin Amt für Liegenschaften (links im Bild), und Irene Schütz, Projektleiterin Stadtplanung das geplante Vorgehen bei der Entwicklung des Quartierzentrums vor. Da hier und im Magazin Riethüsli (Dezember 2021) bereits ausführlich über diese Pläne informiert worden waren – aufgrund einer Vorabinformation des Quartiervereinsvorstandes Mitte November – war dabei nichts Neues zu erfahren.
Unzufrieden mit Mitspracheangebot
In der Folge gab es keine inhaltliche Auseinandersetzung – wie stark darf und soll das Erscheinungsbild des Zentrums verändert werden oder gibt es dann noch Raum für die bestehenden Quartiergeschäfte? – sondern es wurde unisono Kritik geübt an der mangelnden Einbindung des Quartiers in den Entwicklungsprozess.
Echte Partizipation dürfe sich nicht beschränken auf eine Vertretung in der Jury oder eine Stellungnahme des Vorstandes, sondern diese aufzugleisen und durchzuführen sei Sache der Stadtverwaltung – analog zum Partizipationsprozess beim Schulhausneubau, bei dem alle betroffenen Kreise angesprochen wurden. Auch der vorgestellte straffe Zeitplan dürfe nicht angeführt werden als Begründung, auf eine intensive, basisnahe Auseinandersetzung mit der Zentrumsentwicklung zu verzichten.
Auf Nachfrage gab denn auch Yvonne Bischof zu verstehen, dass der Zeitplan nicht sakrosankt sei und mindestens die Phase Wettbewerbsprogramm – bei der es um die Formulierung wichtiger Ziele und Bedingungen geht – zeitlich um ein paar Monate oder ein halbes Jahr ausgedehnt werden könne.
Quartier ernst nehmen
In engagierten und teils emotionalen Voten wurde kritisiert, dass man sich im Quartier bei dem skizzierten Vorgehen nicht ernst genommen fühle, sowohl als betroffene Quartieranwohner:innen wie auch als Steuerzahler:innen. Nur eine Stimme in der Wettbewerbsjury reiche nicht, um die Interessen der Quartierbevölkerung abzubilden. Diskutiert wurde auch, ob eine elektronische Diskussionsplattform sinnvoll wäre; aufgrund der mangelnden Nutzung bei anderen Partizipationsvorhaben habe man darauf verzichtet, erklärte Yvonne Bischof.
Sie versprach an der Informationsveranstaltung, die Kritik und die Anliegen der Anwesenden an die politisch Verantwortlichen, insbesondere an ihren Chef, Stadtrat Markus Buschor, weiterzuleiten und zu informieren, wie die Vorschläge umgesetzt werden.
Bereits provisorisch aufgegleist ist, wer das Quartier in der Jury vertreten könnte. Einerseits hat sich die Architektin Vreni Härdi (auf dem Bild vorne links) auf Anfrage des Quartiervereins dafür zur Verfügung gestellt; sie ist beruflich Co-Leiterin der kantonalen Denkmalpflege AR und wohnt in Oberhofstetten. Ebenfalls würde Quartiervereinspräsidentin Gisela Bertoldo Einsitz nehmen. Allenfalls wäre ein dritter Sitz möglich, um eine möglichst breite Interessenvertretung wahrnehmen zu können. Über die definitive Zusammensetzung der Delegation aus dem Quartier entscheidet der Vorstand des Quartiervereins.
Nach der engagierten Diskussion gab es beim Apéro ausreichend Gelegenheit, sich mit den beiden Vertreterinnen der Stadt sowie untereinander auszutauschen und auf das neue Jahr anzustossen.
Autor/in: Erich Gmünder | 15.01.2022 | 1 Kommentar | Tools:
Patrick Hager
19.01.2022 / 20:47 Uhr
Vorneweg: Zweifelsohne weist die betroffene Häuserzeile eine lange Geschichte und einen prägnanten Charakter auf (zumindest Richtung Teufenerstrasse). Ob aber die aktuellen Bauten wirklich derart gut geeignet sind für zeitgemässe Wohnformen und Gewerbebetriebe, wage ich zu bezweifeln.
Ich bin selbstredend auch dafür, dass solche Eingriffe kritisch geprüft werden, plädiere aber ebenso dafür, einer ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigen Entwicklung unseres Zentrums eine echte Chance zu geben. Ich hoffe, dass die Quartiervertretungen dies berücksichtigen und die unterschiedlichen Aspekte einbringen werden.