28.08.2023
Wie alles begann – und was daraus wurde
20 Jahre Hand für Afrika: An der Jubiläums-HV wurde Rück- und Ausblick gehalten.
Es begann ganz bescheiden mit dem Ziel, Pateneltern für 20 Kinder zu gewinnen, um ihnen den Schulbesuch zu ermöglichen. Daraus wurde ein Hilfswerk, das in den letzten 20 Jahren insgesamt 7,5 Mio. Franken für ganz unterschiedliche Projekte in Bildung, im Gesundheitswesen, in der Landwirtschaft, Trinkwasserversorgung und Nothilfe generierte. An der Jubiläums-Hauptversammlung am 19. August in Teufen wurde mit zahlreichen Gästen Rück- und Ausblick gehalten.
Erich Gmünder, Text und Fotos
Gründungspräsidentin Agnes Benz warf einen Blick zurück auf die Anfänge: „Es war im November 2003, mein zweiter Besuch im Senegal. Ich war scheu, keine Ahnung, wie man in einer Hilfsorganisation arbeitet und, was Projekte anbelangt, total unerfahren. So hatte ich auch grossen Respekt vor dieser Arbeit. Abbé Ambroise war damals Direktor der diözesanen Schulverwaltung und hatte viele Sorgen und Probleme mit dem Schulsystem.
Eine Bruchbude als Schule
Eines Tages begleitete ich ihn zu einer Schule nach Bambey. Die Eltern der Schüler hatten rebelliert und wollten ihre Kinder nicht mehr in die Schule schicken, denn das Schulgebäude war sehr baufällig. Als wir bei der Schule ankamen, warteten viele Frauen und Männer auf uns. Es gab nur Beschwerden. Gemeinsam schauten wir uns die Schule an, die mehr einer Bruchbude als einer Schule glich. Senkrecht und quer durch das ganze Gebäude grosse, breite Risse. Der Boden und das Dach voller Löcher, die Elektrizität lag frei. Steckdosen und defekte Stromkabel hingen an den Wänden herunter. Ja, es gab sogar Wände, die einzustürzen drohten.
Eine neue Schule musste gebaut werden – das war ganz klar. Abbé Ambroise übergab mir dieses Schulprojekt von Bambey mit der Bitte zu helfen. Damals 2003 war das für mich etwas fast Unmögliches. Ambroise erkannte meine innere Not und gab mir mit tröstenden Worten zu verstehen; «Wenn es geht ist es gut, wenn nicht, ist es auch gut, mach dir keine Sorgen». Das Wohltuende – ich stand nie unter Druck und ich glaube, diese Gelassenheit hat uns allen geholfen.
Dieses erste Projekte sind wir zögernd und fast ein wenig ängstlich angegangen. Schliesslich war es soweit: Unsere erste Schule wurde in Bambey gebaut, 6 Klassenzimmer, ein Administrativ-Gebäude und ein Toilettenblock. Zu unserer grossen Überraschung bekamen wir die Gelder in kürzester Zeit, und ein Jahr später fand bereits die Einweihung der Schule Sainte Croix in Bambey statt. Ein grosses Fest für die Schule und die Bevölkerung. Die Schule erfreute sich grösster Beliebtheit und immer mehr Kinder mussten in die Schule aufgenommen werden. Mit 50-70 Kindern in den Klassenzimmern war die Schule schon bald hoffnungslos überfüllt. Bereits 5 Jahre später war der Platzmangel so gross, dass wir ein zusätzliches Gebäude von 6 Klassenzimmern erstellen mussten.“
„Der Koffer der Nächstenliebe“
Dieser Erfahrungsbericht illustriert, wie Agnes Benz mit ihrem Hilfswerk in den vergangenen 20 Jahren arbeitete: Immer neue Projekte kamen hinzu, und immer wieder gelang es, Spenderinnen und Spender, Institutionen, Sponsoren, aber auch viele freiwillige Helferinnen und Helfer, beispielsweise für die mittlerweile 34 Container, zu gewinnen. Agnes Benz war die Motivatorin, die aus ihrem tiefen Glauben schöpfte, sich nie kleinkriegen liess, motivierte und überall selber Hand anlegte. Nach wie vor sorgt sie auch persönlich dafür, dass die aktuell rund 700 Pateneltern (mit über 1000 Patenkindern) bei der Stange gehalten werden. Ihre Beiträge kommen nicht direkt den Patenkindern zugute, sondern den Schulen, und ermöglichen es auch Eltern, die das Schulgeld nicht aufbringen können, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Niemand soll ausgeschlossen werden.
„Wir haben wir in den letzten 20 Jahren verschiedene Schulen, Kindergärten, ein grosses Patenschaftsprojekt, Wasserprojekte, Landwirtschaftsprojekte und Krankenstationen erstellt. Verschiedene Schulen wurden durch ein oder mehrere Klassenzimmer erweitert. Es war viel erfolgreiche Arbeit, welche unbezahlbare Freude schenkt.“ Agnes Benz zitierte Mutter Theresa: ‚Der einzige Koffer, den wir ins Jenseits mitnehmen, ist der Koffer der Nächstenliebe. Solange du noch Zeit hast, fülle diesen Koffer an, denn es ist der einzige Koffer, den du mit dir tragen wirst.‘ – „Ich an meiner Stelle danke Gott für die vielen Gnaden, die er mir und uns allen in dieser Arbeit immer wieder schenkt. Wenn es auch nicht immer einfach war, doch die Türen sind uns immer zum richtigen Zeitpunkt aufgegangen.“
Speziell erwähnt wurden als grösste Einzelspender die Partners Group mit Hauptsitz in Zug und das Hilfswerk Kinder in Not, das durch Alain Luchsinger an der HV vertreten waren.
Der Mann der ersten Stunde
In ihren Dankesworten richtete sich Agnes Benz an den Mann, der alles möglich gemacht hatte, Abbé Ambrosius, den Priester aus Senegal. „Es war wohl Fügung Gottes, damals vor 23 Jahren, als Du vor unserer Haustüre gestanden hast. Erinnerst Du dich, lieber Ambu? Eine Begegnung, die für uns alle von grosser Bedeutung wurde. Deine sympathische Art, Deine Ausstrahlung, Deine Art, dem Menschen zu begegnen, Deine Herzlichkeit und das Vertrauen haben uns Mut gemacht, etwas zu bewegen.
Die Schule in Bambey, unser erstes gemeinsames Projekt, das zum Erfolg wurde. Das hat uns Mut gemacht, weiterhin mit Dir Projekte zu wagen und etwas zu bewegen. Heute weiss ich, dass es die Kraft der Liebe ist, die solche Werke vollbringt. Wir möchten Dir danken, Ambrosius, für die jahrelange Freundschaft und das grosse Vertrauen und für die grosse Liebe, welche Du zu den Armen und Bedürftigen hast. Ich habe viel gelernt von Dir. Mit Deiner positiven Art hast Du es verstanden, uns immer wieder aufs Neue zu begeistern“, so Agnes Benz wörtlich.
In den zahlreichen Gratulationsadressen wurde das segensreiche Wirken gewürdigt. So war eine hochrangige Delegation aus Senegal angereist, mit Bischof André Gueye und dem Direktor der diözesanen Schulen, Abbé Pierre Aye Ndione. „Ich sage dir, den Pionieren und dem Vorstand und allen Mitgliedern dieses wunderbaren Hilfswerkes Danke! Dies sage ich im Namen der Tausenden von Schülern und Hunderten von Familien, die in diesem Moment nur ein Wort Hand für Afrika sagen möchten: Danke, Jarajef!“, sagte der Direktor der Schulen.
Bischof André unterstrich auch den grossen Beitrag für den Frieden zwischen den Religionen, handelt es sich doch bei den Christen im islamischen Land um eine kleine Minderheit von rund 5 Prozent, während die Schulen allen Religionen offenstehen und rund 90 Prozent der Schüler islamischen Glaubens sind. Nur dank den Kirchenleuten und Ordensfrauen, die praktisch für Gotteslohn arbeiten und die Anstellung von Projektmitarbeitern ersparen, kommen die Spenden vollumfänglich den Ärmsten der Armen zugute.
Und es geht gleich weiter
Agnes Benz kann sich auf einen schlagkräftigen Vorstand abstützen. Einerseits ihren Mann Kurt Benz, der sie immer tatkräftig unterstützte und für die Finanzen zuständig ist, aber auch weitere Mitglieder, die alle ehrenamtlich arbeiten, so dass die Spenden vollumfänglich den Menschen im Senegal zugute kommen.
Ein Schwerpunkt liegt aktuell in Bambey, einer schnell gewachsenen Stadt mit mittlerweile 55’000 Menschen. Hier ist neben dem weiteren Bau von weiteren Klassenzimmern für Kindergarten und Primarschule auch ein Neubau für weiterführende Schulen im Fokus, sprich ein Collège, wie Vizepräsident Patrick Guidon ausführte. Mit Gesamtinvestitionen von rund einer halben Mio. Franken ist es das grösste Projekt in der Vereinsgeschichte.
Der Betrieb der vor einem Jahr eingeweihten Krankenstation in Ngascop ist erfolgreich angelaufen. Das Ärzteehepaar Carmen und Alex Steinacher, beide ebenfalls Vorstandsmitglieder, war bereits mehrmals vor Ort und hat persönlich Sprechstunde gehalten und dabei kleine und grosse Patienten mit teils gravierenden Problemen betreut. Neben dem Fokus auf Geburtshilfe und Prävention sollen u.a. auch kostengünstige Operationen von grauem Star vermehrt gefördert werden. Damit können ältere Menschen wieder einen Platz in der Gesellschaft erhalten. Abbé Ambrosius illustrierte das am Beispiel seines ältesten Bruders, der erblindet war und sich nun – dank dem für uns selbstverständlichen kleinen Eingriff – wieder des Lebens erfreuen darf.
Die ordentlichen Traktanden wurden speditiv abgewickelt, die Rechnung mit Revisorenbericht einstimmig gutgeheissen und der Mitgliederbeitrag bei 20 Franken belassen. Dieser dient der Finanzierung der administrativen Aufgaben; der Überschuss fliesst in die Spendenkasse.
Neue Broschüre
Rechtzeitig auf der Vereinsjubiläum wurde eine neue Vereinsbroschüre geschaffen, welche die bisherigen Projekte – darunter den Bau oder die Erweiterung von 12 Schulen – auflistet und neue SpenderInnen, Mitglieder und Pateneltern motivieren soll. Mittels QR-Codes können online Hintergrundinfos abgerufen und ausgewählte Projekte mit einem Klick direkt unterstützt werden.
Den Rechenschaftsbericht über das vergangene Vereinsjahr und viele weitere Informationen finden Sie demnächst auf der Homepage von HAND FÜR AFRIKA
Zum Abschluss gab es den obligaten Risotto und ein riesiges Kuchenbuffet, alles von Freiwilligen zur Verfügung gestellt.
Abgerundet wurde der Abend durch ein feines Kuchenbüffet.
Autor/in: Erich Gmünder | 28.08.2023 | Keine Kommentare | Tools: