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11.05.2016

Der Untergang der U-3007

Erinnerungen von Jost Auf der Maur.

Jost Auf der Maur

Im Frühherbst 1966 geschah auf den weiten Wassern des Nestweiers ein Drama, das weder von einer breiteren St.Galler Öffentlichkeit und schon gar nicht von der «International Maritime Organisation» (IMO) registriert worden ist.

Es hat aber sehr wohl stattgefunden und der Verfasser dieser Zeilen war Augenzeuge jenes Ereignisses, das er bis heute nicht vergessen hat: Der Untergang seines Unterseebootes «Submarino U-3007». Die Firma «Schuco» hatte damals ein U-Boot entwickelt, das zur Erforschung von Gartenweihern und Badewannen sehr geeignet war. Äusserlich glich es dem Mesoscaphe, mit dem die Besucher der Expo Lausanne 1964 in den Genfersee hatten tauchen können. Der Antrieb erfolgte über ein Federwerk. Mit einem Schlüssel wurde der kraftvolle Motor in Schuss gebracht, er trieb die Schiffsschraube am Heck an. Dort befand sich auch das Seitenruder, während am Bug ein Höhenruder die Tauchfahrt regulierte.

Damit die U-3007 nicht nur über die Ozeane dieser Welt fahren, sondern eben wahrhaftig tauchen konnte, musste sie Wasser bunkern. Dazu war das Gummi-Periskop zu entfernen. Danach wog die U-3007 fast genauso so viel wie Wasser. Die kleine Gewichts-Differenz genügte dann, die U-3007 wieder auftauchen zu lassen, wenn der Motor keinen Pfuus mehr hatte.

Die Testfahrten in der Badewanne und in einem Zierteich an der Oberen Berneggstrasse waren sehr erfolgreich verlaufen. Es drängte den stolzen Reeder und seine Freunde nach neuen Tiefenrekorden. Naheliegend, dass der Nestweier als das geeignete Gewässer erkannt wurde. Naheliegend, aber verboten. Um da den schwierigen Erwachsenen und dem noch schwierigeren Weiherwart zu entgehen – er war Quartier-Milchmann und kannte uns alle nur zu gut –, kletterten wir an dem damals mit Büschen, Nadelbäumen und Riesenbärenklau bestandenen Ostufer über den Holzhag. Wir kannten die schattigen, vor Sicht geschützten Stellen, lange Nachmittage lang haben wir ja da unerkannt gefischt.

U-3007 wurde zu Wasser gelassen, das Heck sicherheitshalber an einen Bindfaden gebunden. Gebannt verfolgten wir, wie die U-3007 elegant wegtauchte, hinab ins trübe Grün des Atlantiks, hinab zu den fetten Nestweier-Karpfen, den Weissfischen und unter den zwei Schwänen und hochnäsigen Mandarin-Enten hinweg. Schnell geriet U-3007 ausser Sicht. Nach etwa einer Minute hätte der Motor erschöpft sein und das Boot wieder auftauchen müssen. Nichts geschah. Der Reeder holte den Bindfaden ein: Leer. Hatte vielleicht ein Hecht mit seinem Riesenfrassmaul die U-3007 geschluckt? Oder war sie in die Verankerung des schwimmenden Entenhauses geprallt und mit Mann und Maus gesunken? Ein Rätsel.

Als der Weiher 2007 ausgebaggert worden ist: Keine Spur. Die U-3007 gilt seit einem halben Jahrhundert als verschollen.

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