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23.05.2020

Von Lateinamerika an die Oberhofstettentrasse

Stephanie Dudli präsidiert das Elternforum ELFO Riethüsli.

Stephanie Dudli zog mit ihrer Familie vor vier Jahren in ihr neues Haus an der Oberhofstettenstrasse und wurde bereits zwei Jahre später als Präsidentin des Elternforums Riethüsli gewählt.

Interview: Elisabeth Weber

Wie bist du überhaupt in unser Quartier gekommen?

Stephanie Dudli: Ich bin von Guatemala nach St.Gallen gekommen zum Studieren und lernte hier an der HSG meinen künftigen Mann Andreas Dudli kennen. Zuerst wohnten wir am Gallusplatz, und nachdem unser erstes Kind auf die Welt gekommen war, bezogen wir eine grössere Wohnung an der Furglerstrasse beim Bundesverwaltungsgericht. Ab diesem Moment begannen wir etwas zu suchen in Richtung Eigenheim. Riethüsli hatten wir immer im Fokus, weil mein Mann da aufgewachsen ist. Es war dann reiner Zufall, dass wir nach langer Suche im Internet auf eine der letzten Bauparzellen an der Oberhofstettenstrasse stiessen und gleich den Zuschlag erhielten.

Als dein Sohn in der 1. Klasse und deine Tochter im Kindergarten war, hast du dich in das Elternforum delegieren lassen. Was hat dich zu diesem Schritt motiviert?

Am Ende des Schuljahres 2017/2018 wurde ich von einem Vorstandsmitglied angefragt, ob ich Mitglied des Elternforums werden möchte. Am Anfang habe ich gezweifelt. Ich wusste nichts Genaues über das ELFO und seine Tätigkeiten. Zudem ist mir das schweizerische Schulsystem erst mit der Kindergartenzeit meines Sohnes vertraut geworden. Ich habe meine Volksschulzeit in Guatemala durchlaufen. Nach reiflicher Überlegung und Gesprächen mit meinem Mann habe ich mich dann dazu entschieden.

Worin besteht die Aufgabe des Elternforums?

Die wichtigste Aufgabe ist die Förderung des Austausches zwischen Eltern und Schule. Wir setzen uns für die Anliegen der Eltern ein und vertreten diese Interessen gegenüber der Schule. Eine weitere Aufgabe besteht darin, die Lehrkräfte bei der Organisation von verschiedenen Schulaktivitäten, wie zum Beispiel Lesenacht oder Weihnachtsbazar, zu unterstützen. Wir organisieren beispielsweise an einem solchen Event die Verpflegung.

Auch die Elternbildung ist uns wichtig. Der Vorstand des ELFOS hat auf Anregung einer Lehrkraft die ehemalige Riethüsli- Lehrerin Ruth Monstein Anfang Mai zu einer Elternweiterbildung zum Thema Achtsamkeit eingeladen. Dieser Anlass musste leider wegen der Corona- Situation abgesagt werden. Ein neues Datum wird noch festgelegt.

Wie sieht die Vernetzung im Quartier aus?

Unser Engagement ist im Moment stark auf die Schule beschränkt. Der Austausch unter uns Eltern ist uns sehr wichtig. Am Ende des Schuljahres organisieren wir deshalb jeweils das Sommerfest. Ein Brennpunkt unserer Aktivitäten der letzten zwei Jahre war die Betreuungssituation der Kinder. Zusammen mit dem Verein Hort Riethüsli konnte die Interpellation «FSA+ auch im Riethüsli» lanciert werden.

Seit einiger Zeit hast du den Vorsitz im Elternforum inne. Wie kam es dazu?

Ich wurde direkt Präsidentin. Ich hatte vorher keine Aufgabe im Elternforum. Meine wichtigste Amtshandlung war zusammen mit dem Vorstand und dem Verein Hort Riethüsli wie bereits erwähnt die Betreuungssituation, die im Riethüsli ungenügend ist. Das ganze Quartier kam dadurch zusammen. Wir sind auf die Strassen gegangen und haben Unterschriften gesammelt. Wir sind ins Parlament gegangen und haben gezeigt, dass wir für unsere Anliegen kämpfen. Durch dieses Lobbying konnten wir der Stadtverwaltung die Notsituation aufzeigen. Inzwischen steht eine Übergangslösung für die Betreuung. Ich denke, da haben wir uns erfolgreich für die Interessen der Eltern im Riethüsli eingesetzt.

In den letzten vier Wochen waren wir als Eltern wegen der Corona-Situation besonders gefordert. Wie erlebst du als Mutter von schulpflichtigen Kindern diese ausserordentliche Zeit?

Die Situation ist eine riesige Herausforderung. Am Anfang fanden es meine Kinder sehr lustig, dass sie nicht zur Schule mussten. Jedoch ist diese Freude ziemlich schnell abgeklungen, als sie gemerkt haben, dass sie nicht mehr mit ihren Freunden spielen durften. Wir sind eine Familie, die viel unterwegs ist und viel Sport macht. Das Gefühl, zu Hause bleiben zu müssen, war irgendwie komisch. Die Kinder mussten sich zuerst an die neue Situation gewöhnen. Als Familie mussten wir eine neue Routine finden. Die Tage waren manchmal sehr anstrengend. Es gab aber auch sehr schöne Tage. Und manche Tage vergingen sehr schnell. Von den Lehrkräften in der Schule wurde ich mit Schulstoff für meine Kinder versorgt. Die Lehrpersonen machen das super! Mein Hauptanliegen ist, dass die Eltern im Quartier sämtliche Informationen der Schule und Stadt bekommen. Diesen Informationsfluss konnten wir meines Erachtens aufrechterhalten. Wir als Vorstand arbeiten weiter daran.

Du hast deine Kindheit in Guatemala verbracht. Worin bestehen die grössten Unterschiede zwischen deiner Schulzeit und hier in der Schweiz?

Ich war in einer deutschen Schule in Guatemala. Ich denke, der grösste Unterschied besteht in der Organisation. Vom Kindergarten bis zur Matura ging ich zur selben Schule. Meine Klasse bestand immer aus denselben Mitschülerinnen und Mitschülern. Das fand ich sehr schön. Wir sind wie eine grosse Familie. Ich habe noch heute viel Kontakt mit Leuten aus meiner Schulzeit. Als Schulkind wurde ich jeden Morgen um 6.30 Uhr mit dem Schulbus (die gelben, die wir aus den Filmen kennen) abgeholt. Die Schule fing um 7.30 Uhr an. Mein Schulweg dauerte je nach Verkehr zwischen 30 bis 45 Minuten. Die Schule ging bis 12.45 Uhr bzw. 15 Uhr und dann hat mich der Bus wieder nach Hause gebracht. Es handelte sich somit um eine Art Tagesschule, die über Mittag bis in den Nachmittag gedauert hat.

Gibt es in der Schule, die du besucht hast, etwas Vergleichbares wie das ELFO?

Ja, das gibt es. Ich weiss aber nicht, welche Aufgaben die Eltern dort wahrnahmen. Ich kann mich bloss daran erinnern, dass eine Gruppe von Eltern Schulaktivitäten organisiert hat. Meine Eltern, vor allem meine Mutter, war in meiner Schulzeit sehr engagiert. Ich hatte Freude, dass ich manchmal mithelfen durfte.

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