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18.09.2020

„Bella Italia“ mitten im Riethüsli

Maria Folino und der neue Quartierladen.

Maria Folino beim Zubereiten ihrer legendären, überdimensionalen Sandwiches. Fotos: Erich Gmünder

Im ehemaligen «Christen» ist wieder Leben eingekehrt – und wie: Maria Folino will, dass sich die Kundinnen und Kunden bei ihr wie in den Ferien in Italien fühlen.

Erich Gmünder

Seit 37 Jahren lebt Maria mit ihrer Familie in der Schweiz, doch ihre italienische Lebensart und Le­bensfreude hat sie nicht verloren, ihr radebrechen­des Deutsch ist quasi ihr Markenzeichen. Und so er­klärt sie mit Hilfe ihrer beiden Töchter Giovanna und Melania dem Journalisten, wie alles gekommen ist. Selber einmal einen kleinen «Negozio», ein Lädeli, zu führen, war ihr Kindheitstraum.

Als Maria 1983 nach ihrer Bürolehre als 19-Jährige von ihrem Hei­matort Lamezia (Kalabrien) in die Schweiz kam, konnte sie aus sprachlichen Gründen nicht auf ihrem Beruf arbeiten. Sie verdingte sich als Hilfskraft in ei­ner Textilfabrik und als Putzfrau in einem Spital. Wie viele gläubige Italiener verehrt sie den wunder­tätigen Heiligen Padre Pio, ihren Schutzpatron, des­sen Grabstätte in Apulien sie schon besucht hat. Heiligenbilder an der Rückwand zeugen von ihrem Glauben.

Melania Folino ist buchstäblich im Laden aufgewachsen und hilft wie ihre Schwester Giovanna der Mutter in jeder freien Minute.

Eine Kindheit im Laden

Ihren Traum von der Selbstständigkeit gab sie aber nie auf. Den Aus­schlag gab schliesslich die Geburt der zweiten Toch­ter, Melania. Statt sie in eine Kinderkrippe zu brin­gen, wollte sie um sie herum sein. Als sie im Jahr 2000 ein geeignetes Ladenlokal fand, eröffnete sie ihr eigenes Geschäft im Blumenwiesquartier, das sie 20 Jahre lang mit Erfolg betrieb. Melania, mittler­weile 22, erzählt mit einem Schmunzeln, wie sie buchstäblich im Laden aufgewachsen sei.

Eigens für sie wurde ein kleiner Raum abgetrennt, wo ihr Bettchen und ihre Spielsachen standen und sie mit ihren «Gschpändli» am liebsten Verkäuferlis spielte. Die treuen Stammkunden wurden sozusagen zu ihrer zweiten Familie. Auch heute noch verbringt Melania wie ihre ältere Schwester Giovanna jede freie Minute im Geschäft. Unterstützt wird Maria auch von ihrem Mann Nicola, der als Schulbusfahrer teilzeit arbeitet und am Wochenende am Marktplatz einen Gemüsestand betreibt.

Leidenschaft für Frischprodukte

Als es im Frühjahr zu einem für sie unvorteilhaften Ei­gentümerwechsel kam, packte Maria die Gelegen­heit beim Schopf. Von Stammkunden aus dem Appenzellerland habe sie den Tipp für das leerstehende Ladenlokal der Stadt im Riethüsli erhalten, dem ehemaligen Christen, erzählt sie uns. Kurzentschlossen zügelte sie vom Osten ins zentrumsnahe Riethüsli. Hier will sie die grössere Ladenfläche und die prominente Lage für einen Ausbau ihres Sortiments nutzen.

Die Leidenschaft für Frischprodukte aus Italien ist – neben ihrer Sprache – ihr zweites Mar­kenzeichen. Dank Beziehungen zu einem Grossisten erhält sie jeden Freitag Direktlieferungen von Gemü­se, Früchten, Käse- und Fleischprodukten aus ver­schiedenen Regionen Italiens.

Drumherum gibt es aber noch viel mehr, was die Italianità ausmacht: Olivenöle, Gläser mit Eingemachtem, Teigwaren, Knabbereien, ja sogar Waschmittel (mit dem Duft nach Heimat !) und verschiedene Fleisch- und Wurstspezialitäten.

Die Vorlieben der Italiener

Besonders begehrt bei ihren italienischen Stammkunden sind die «Cima di Rappa» (Stängelkohl) aus Apulien, die «Cipolla di Tropea» – die leicht süssen roten Zwie­beln aus Kalabrien – oder die intensiv duftenden Origano-Sträusse für die Tomatensauce. Weitere Spezialitäten, wie frische Teigwaren oder Gelati von einem kleinen Produzenten direkt aus Kalabrien, gibt’s im Offenverkauf, und neu dazukommen sollen auch frische Süssspeisen direkt vom Produzenten, wie beispielsweise Canoli.

Milch und Milchprodukte sowie Eier und Brot wer­den von regionalen Produzenten geliefert. Die Eier stammen aus Innerrhoden, und der Linsebüel-Bäcker Capelli mit seinen legendären Gipfeli und Ciabatta-Broten ist seit 20 Jahren ihr Hauslieferant.

Bereits herumgesprochen haben sich bei Bauarbeiterin und Schülern ihre überdimensionalen Sandwiches: Ein halbes Ciabatta-Brot von Capelli, gefüllt mit Käse oder Fleisch zum Sparpreis von 5 Franken. Man kann aber auch einfach einen Espresso geniessen, und in den Hitzetagen entwickelte sich der Laden in eine Gelateria.

Regelmässige Degustationen

Noch im Aufbau ist das Angebot an italienischen Weinen und Spirituosen, Likören wie Limoncello, Grappaspezialitäten und anderen gebrannten Wassern, die es in den repräsentativen Regalen der früheren Vinoteca zu entdecken gilt. Dazu möchte sie in Zukunft jeden Monat zusammen mit ihren Lieferanten zur Degus­tation einladen.

Maria ist sehr zufrieden mit dem Start. Viele Leute aus dem Quartier zeigten ihre Freude, dass das «Lädeli» wieder offen sei. Manche äusserten auch die Sorge, dass sie wieder gehen würde. Ihnen versichert sie auch via Quartierzeitung: «Keine Angst, ich bin hier glücklich und will da bleiben, basta.»

Enoteca Folino, Teufener Strasse 145. Tel. 076 276 92 28. m.folino@gmx.ch. Öffnungszeiten: Montag und Dienstag 8.30 bis 18 Uhr, Mittwoch  8.30 bis 13 Uhr, Donnerstag bis Samstag 8.30 bis 18 Uhr

Hinweis:

Nächste Weindegustation mit Grillfest:

Samstag, 26. September, 10 bis 18 Uhr

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