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12.01.2020

Was uns die alten Tramschienen erzählen – Sprung zurück ins Jahr 1913

Bei der Neugestaltung der Teufener Strasse gab es eine Überraschung.

Die bei der Strassensanierung im Herbst 2019 aufgetauchten Schienen beim Nestweiher, die nun endgültig entsorgt wurden. Foto: FH

Beim Ausbruch des alten Strassenbelages der Teufener Strasse sind alte Tramschienen zum Vorschein gekommen. Laut der Chronik unseres Quartierhistorikers Fredi Hächler stammen sie aus dem Jahre 1913, als das Tram von der Hochwacht bis zur Demutstrasse verlängert wurde.

Fredi Hächler

Da erscheint im Herbstnebel des Jahres 2019 bei der Sanierung der Teufener Strasse unvermutet in Form von verrosteten Tramschienen ein Stück Quartiervergangenheit auf (Abbildung links). Noch mögen sich ältere Leute an das Tram ins Nest erinnern: «Z’Sangalle chasch mit em Tram bis is Näscht fare». Dieses fuhr vom Oktober 1911 bis zur Hochwacht, 1913 zur heutigen Endstation. 1950 wurde die Linie 5 als erste Strecke der Stadt auf Busbetrieb umgestellt.

Man wohnt im Riethüsli

Die legendäre Dampflokomotive aus dem Jahre 1889 wird für den Bauzug eingesetzt.

In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entstand entlang der Teufener Strasse bis zum Nestweiher ein neues Arbeiterwohnquartier, nach 1900 auch südlich des Weihers. Schon am 31. August 1896(!) traten Leute aus dem Riethüsli mit einer ersten Initiative für eine Tramlinie an den städtischen Gemeinderat (Akten im Stadtarchiv unter 1/2/265). Immer wieder gab es Eingaben/Vorstösse zu einer Tramlinie von der Union ins Nest. Die Argumentation der Initianten stützte sich auf die grosse Zahl der Werktätigen, die in den neuen Quartieren bis zum Liebeggweiher wohnten. So mussten sich gegen 3000 Leute zu Fuss aus diesem Gebiet täglich in die Stadt, nach Bruggen oder nach St.Fiden zu ihren Arbeitsplätzen begeben, meist in die Fabriken der Stickereiindustrie. (Eröffnung der Tramlinie 1 im Jahre 1897)

1911 wurde die Tramlinie 5, zuerst Westquartierlinie genannt, vom 21. Juni bis 30. Oktober von der Union her doppelspurig bis zur Hochwacht gebaut. Für heutige Verhältnisse in einer unglaublich kurzen Zeit. Wegen der Steigung bis zu 70 Promille musste der Trammotor auf 90 PS verstärkt werden.

Geplant war die Endstation eigentlich am Anfang der Demutstrasse. Aber zuerst musste der Flaschenhals beim Nestweiher beseitigt werden. Auf der Abbildung oben wird zuerst die heute noch vorhandene Stützmauer errichtet, damit das Bahntrassee mehrere Meter nach Süden verlegt werden konnte. Danach wurde mit einer zweiten Stützmauer nördlich davon Platz geschaffen für eine breite Strasse mit Doppelgeleise und einer Fahrbahn für den aufkommenden Autoverkehr.

Das Tram der Linie 5 in den Dreissiger Jahren an der gleichen Stelle wie das Foto der Schiene am Anfang des Beitrags. Um 1940.

Ab April 1913 konnte man nun direkt bis zur Union/ Marktplatz fahren. Erst um 1915 wurde die Linie 5 zum Bahnhof umgeleitet.

Das Tramhäuschen wurde um 1930 errichtet und um 1970 abgebrochen. Hinten das Stammhaus der Gärtnerei Buchmüller-Wartmann, heute Elektro-Kundert.
Endstation in den Dreissiger Jahren. Man beachte das Gasthaus Talhof mit Benzinzapfsäule, hinten die ehemalige Post, vis-à-vis der Kiosk am späteren Standort der neuen Post. Die Teufener Strasse noch ohne Verkehr und Trottoir.

1 Kommentar

  1. Koller Kurt

    12.04.2021 / 18:32 Uhr

    Grüezi Herr Hächler

    Wo kann ich das Buch Riethüsli Geschichte und Geschichten, sowie St.Galler Wirtshäuser kaufen? Meine Internetsuche war nicht erfolgreich, es wurde zwar an vielen Stellen erwähnt, St.Galler Tagblatt etc., ich wäre Ihnen dankbar für eine Antwort.
    Als alt Heimweh Riethüsler, Nest- und Hochwachtbewohner, möchte ich mich bei Ihnen bedanken, für die wundervollen Beiträge, wir haben keine Ritterorden zu vergeben, aber ich würde Sie dafür vorschlagen.

    Freundliche Grüsse Kurt Koller

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