11.11.2009
Der Samichlaus, der im Berneggwald zu Hause ist
AUS UNSEREM ARCHIV: "Das Kinderbuch von Susi Germann kommt zur rechten Zeit".
Mit schweren Schritten stapft der Nikolaus aus dem Berneggwald. An diesem wohlbekannten Aussichtspunkt über der Stadt St. Gallen beginnt die Geschichte des Nikolaus von Susi Germann. In ihrem neuen Bilderbuch «Der Nikolaus ist da» beschreibt die Künstlerin die Erlebnisse des Nikolaus in lebhaften Bildern.
(Dieser Beitrag erschien erstmals im Riethüsli Magazin 3/2009)
Von Laurence Engeler, Fotos Erich Gmünder
Susi Germann begrüsst uns in ihrem schönen Backsteinhaus an der Hafnerwaldstrasse mit einem herzlichen Lächeln. Die Gemütlichkeit, die ihr Heim dominiert, wird von vielen liebevollen Bauernmalereiarbeiten unterstrichen. In ihrer gewinnenden Art beginnt Susi Germann sofort zu erzählen. Den grössten Teil ihres Lebens hat sie im Riethüsli verbracht. St. Gallen ist ihre Heimat, was sie auch dazu bewogen hat, die Stadt als Kulisse für ihr zweites Bilderbuch zu wählen. «I ha denkt, de Samichlaus sött scho us em Berneggwald cho!», schmunzelt sie.
Seit Jahren hat sich Susi Germann intensiv der Bauernmalerei gewidmet. Zuerst hatte sie viele Gestaltungskurse am Gewerblichen Berufs- und Weiterbildungszentrum St. Gallen (GBS) besucht, später bei einer erfahrenen Bauernmalerei-Künstlerin gelernt. Die Leidenschaft fürs Malen blieb ihr erhalten und heute unterrichtet die ehemalige Primarlehrerin selbst als Gestaltungslehrerin.
Von der Idee bis zum Text alles selber gemacht
In ihrem neuen Kinderbuch «Der Nikolaus kommt» stammen jedoch nicht nur die aufwendigen Malereien von ihr. Susi Germann hat auch den Text verfasst.
Die Idee der Selbstillustration bewährte sich schon bei ihrem ersten Buch, «Steiner Hüsli», wo sie die Ferienerinnerungen aus ihrer eigenen Kindheit erzählt. Als Susi Germann die Arbeit für ihr zweites Kinderbilderbuch aufnahm, war sie keinem Verlag verpflichtet. Das ermöglichte ihr, sich Zeit zu lassen und nur dann zu malen, wenn sie Lust hatte. Sie erzählt uns, dass sie manchmal eine Woche gar nicht an dem Buch gearbeitet hätte. «Für mi isch s Mole de Dessert», meint sie.
Während ihr erstes Buch im Sommer spielte, wählte Susi Germann für das zweite eine winterliche Kulisse. Die Idee einer Nikolausgeschichte lag da nicht mehr fern und wurde auch von ihrer Tochter sehr unterstützt. Die Kindergärtnerin habe immer gefunden, dass es an Kinderbüchern mangle, in denen der Samichlaus auch wirklich so aussieht, wie wir ihn uns vorstellen (ohne Rentiere und Schnapsnase). Auch ihr Mann Peter half bei der Ideensammlung. Als Mitglied der Klausengruppe Dom konnte er viele Erlebnisse aus dem Erfahrungsschatz eines Samichlaus einbringen.
Ein Samichlaus ohne Rute und Moral- Zeigefinger
Die Arbeit an der Nikolausgeschichte dauerte beinahe zwei Jahre. Danach ging es an die Veröffentlichung. Die Suche nach einem Verlag blieb erfolglos. Auch der Verlag ihres ersten Buches lehnte ab. «Söllis ez eifach in Estrich tue»?, fragte sich Susi Germann, bevor ihr die Idee kam, das Buch im Eigenverlag herauszubringen. Mit gemischten Gefühlen nahm sie dieses Projekt in Angriff. Von Niedermann Druck erhielt sie eine sehr gute Offerte. Die Zusammenarbeit mit der Druckerei wurde für beide Parteien eine sehr schöne Erfahrung. Susi Germann konnte die Entstehung ihres Buches direkt miterleben und bei der farblichen Überarbeitung aktiv mitwirken. Die Mitarbeiter von Niedermann Druck fanden selbst grossen Gefallen an der Arbeit, für sie war es «Es Fescht zum das drucke!», wie die Künstlerin stolz erzählt.
Einen Teil des Verkaufes betreibt die Autorin von zu Hause aus. Den Grossteil der 700 Exemplare hat sie aber an Buchhandlungen weiterverkauft, wo die Nikolausgeschichte seit September erhältlich ist. Im Nachhinein ist sie sehr froh, ihr Buch ohne einen Verlag auf den Markt gebracht zu haben. Die Arbeit ohne Zeitdruck kam ihr entgegen und zudem konnte sie so über jedes Bild und den gesamten Text selbst entscheiden, was der Künstlerin sehr wichtig war.
Für die vierfache Grossmutter steht die Moral in ihrem Buch nicht im Vordergrund. Trotzdem kann man in der Handlung augenfällig erleben, wie schön es ist, sich gegenseitig zu helfen und dass der Nikolaus keine Person ist, vor der man sich als Kind fürchten muss. Sie hat das in ihrer eigenen Kindheit anders erlebt und findet es schrecklich, dass man den Nikolaus früher benutzt hatte, um Kindern Angst einzujagen. Auf die Frage, was sich seit ihrer Kindheit ausserdem verändert hat, meint sie, die heutigen Kinder würden weniger in der freien Natur spielen. Früher habe es aber auch kaum Autos auf den Strassen gegeben und auch noch keine Computer.
Zeit mit ihren vier Enkeln zu verbringen, ist Susi Germann sehr wichtig. Drei von ihnen wachsen in Amerika auf, was sie nicht davon abhält, die Kinder für mehrere Wochen jährlich zu sehen. Grosse Freude bereitet ihr auch der Kontakt zu ihrem jüngsten Enkelkind, welches in Herisau aufwächst. Beim Hüten wechselt sie sich mit der anderen Grossmutter des Kindes ab. «Do mues mer halt teile», lacht sie.
Mit dem Kinderbuch «Der Nikolaus kommt» hat Susi Germann nicht nur ihren Enkeln eine grosse Freude bereitet. Die schöne Geschichte über den Samichlaus aus dem Berneggwald und seine Erlebnisse in der Stadt St.Gallen bringt diesen Dezember sicherlich die einen oder anderen in weihnächtliche Stimmung. Und wer weiss, vielleicht klopft der Samichlaus am 6. Dezember auch an Ihre Haustür.
Zwei Fragen an Susi Germann
1.Welches war Ihr Lieblingsbuch in der Kindheit? «Do mues i jetz studiere …» Als erstes erinnert sich Susi Germann an die Kinderbücher von Alois Carigiet: «Schellen-Ursli, Flurina und wie sie alli gheisse hend.» Schön war auch die Geschichte vom Kätzchen «Pitschi». Nachdem sie zunächst eine Weile überlegen musste, kommt sie nun ins Schwärmen: Ein grosses Buch von «Hans im Glück» kommt ihr in den Sinn. Und «Die Kinder im Schlaraffenland ». Sie sieht die Bilder vor sich, von Brunnen, aus denen Honig und Milch fliesst und von Kindern, die sich durch einen Berg von Pflaumen essen und kugelrund am andern Ende wieder heraus kommen.
2.Was wäre Ihr Weihnachtswunsch für die Kinder dieser Welt? «Dass sie in einer friedlichen Atmosphäre aufwachsen können.»
Autor/in: riethuesli.com | 11.11.2009 | Keine Kommentare | Tools: