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19.06.2020

„Sie werden die Verbesserungen bald spüren“

Die Neugestaltung der Teufener Strasse gibt zu reden - Lokaltermin mit den Verantwortlichen vor Ort.

Daniel Wirth (links), Abteilungsleiter Baurealisierung, und Nuri Sarigül, Bereichsleiter Strassenbau im städtischen Tiefbauamt.

Die Neugestaltung der Teufener Strasse im Quartier Riethüsli hat viele Fragen aufgeworfen, insbesondere zur Priorisierung der verschiedenen Verkehrsteilnehmer. In Kommentaren sowie in einer Online-Umfrage auf www.riethüsli.ch ist von einer Benachteiligung der Fussgänger die Rede. Wir sprachen über dieses und weitere Themen mit zwei Verantwortlichen des städtischen Tiefbauamts.

Die Teufener Strasse ist eine Kantonsstrasse, das städtische Tiefbauamt führt die Planung und Umsetzung im Auftrag des Kantons durch. Nuri Sarigül ist Bereichsleiter Strassenbau, Daniel Wirth Abteilungsleiter Bauausführung. Sie stellten sich am Donnerstag, 18. Juni während rund anderthalb Stunden den Fragen aus dem Quartier und gaben erschöpfend Auskunft.

Interview/Fotos: Erich Gmünder

Das Thema, das momentan am meisten bewegt im Quartier, ist die Priorisierung der Lichtsignalanlage. Viele bemängeln die überlangen Wartezeiten beim Überqueren der lichtsignalgesteuerten Fussgängerstreifen. Diese verleiten oft dazu, die Strasse bei Rot oder im letzten Moment, in der orangen Phase zu überqueren – zum Beispiel, um den Bus noch rechtzeitig zu erreichen. Es kommt dabei immer wieder zu gefährlichen Situationen. Es entsteht der Eindruck, dass die Quartieranwohner am Schluss der Prioritätenliste kommen.

Nuri Sarigül/Daniel Wirth:

Das ist momentan so, weil die Steuerung noch im Sinne eines Provisoriums mit starren Umlaufzeiten läuft. Dies dient als Grundlage für die Optimierungen. Dabei werden anhand von Beobachtungen Verbesserungen geprüft und vorgenommen. Dabei ist uns wichtig, dass die ÖV und Langsamverkehr im definitiven Betrieb – wie überall in der Stadt – priorisiert werden.

Sobald das optimierte Programm läuft – und das wird bald der Fall sein – werden Sie als Fussgänger die Verbesserungen spüren.

Manche, vor allem ältere Verkehrsteilnehmer fühlen sich auf dem Fussgängerstreifen gestresst, weil das Lichtsignal schon auf Orange schaltet, wenn man in der Mitte der Strasse ist. Und oft ist zu beobachten, dass Schüler in letzter Minute bei Orange noch ihren Gspänli hinterherrennen. Könnte die Grünphase nicht entsprechend verlängert werden?

Es gibt bei den LSA die Grünzeiten und die Zwischenzeit, in der gelb blinkt. Wenn ein Fussgänger bei der ersten Grünsekunde auf den Streifen auftritt, hat er die ganze Grünzeit und die Gelb-Zeit zur Verfügung, wo er geschützt den Übergang queren kann. Wenn der Fussgänger in der letzten Grünsekunde auf den Streifen auftritt, hat er neben der verbleibenden Grünsekunde noch die Zwischenzeit zur Verfügung zur geschützten Querung.  Derjenige, der in der letzten Grünsekunde den Streifen betritt, überquert also den Streifen nicht während der Grünphase, sondern im Schutz der Zwischenzeit. Gelb bedeutet nicht Gefahr, sondern dass der Passant im Schutze der Zwischenzeit den Streifen noch fertig überqueren kann. Gelb bedeutet aber auch, dass man nicht mehr neu auf den Streifen auftreten darf.

Eine Verlängerung der Grünzeit bringt daher für Querungen mit Beginn in der letzten Grünsekunde keinen Vorteil, es verlängert einfach die Möglichkeit um den Fussgängerstreifen zu betreten.

Personen, welche langsamer unterwegs sind oder sich unsicher fühlen, ist es auch möglich, die Strasse in zwei Etappen zu überqueren, denn alle Fussgängerstreifen im Quartier sind mit einer Mittelinsel ausgestattet.

Für Blinde und Sehbehinderte gedacht: Wenn die Ampel auf Grün schaltet, vibriert es hier.

Damit man bei der kurzen Grünphase die Umschaltung nicht verpasst, wünschte sich jemand ein akustisches Signal. Könnten die Ampeln entsprechend nachgerüstet werden?

Wir haben an den Lichtsignalanlage für Blinde und Sehbehinderte unten an den gelben Geräten hervorstehende Pfeile, welche auch die Gehrichtung anzeigen. Diese vibrieren bei Grün. Blinde und Sehbehinderte wissen das und fassen nach der Betätigung des Knopfes unten ans Gerät.

Die akustischen Signale können für die Umgebung störend wirken, vor allem in der Nacht, wenn sie 24 Stunden in Betrieb sind, und deshalb werden sie an anderen Orten in der Stadt sukzessive zurückgebaut. 

Eine Nachrüstung wäre nicht möglich?

Grundsätzlich wäre das zwar möglich, aber wegen der akustischen «Belästigung» für die Anwohnenden wurde darauf verzichtet. An dieser Stelle muss man vielleicht erwähnen, dass sich Verkehrsteilnehmer – gerade in Zeiten der Elektroautos – nicht einfach auf das Gehör verlassen dürfen, sondern den Verkehr beim Überqueren einer Strasse immer im Auge haben müssen.

Der Fussgängerstreifen wurde von der Post ca. um 20 Meter Richtung Kreuzung verlegt, damit haben manche Bewohner längere Wege, vor allem, wenn sie auf den Bus müssen oder die Läden im Zentrum frequentieren. 

Im Vorfeld gab es intensive Abklärungen. Dabei wurde das Verhalten der Fussgänger betrachtet und basierend auf diesen Untersuchungen und Überlegungen die Lage und Anzahl der Fussgängerstreifen definiert und zusammen mit der Stadtpolizei -und anderen Projektbeteiligten beurteilt. Ein sehr wichtiges Kriterium dabei sind die Sichtverhältnisse – sehen und gesehen werden. Das war auch bei diesem Fussgängerstreifen der Fall. Durch die Verlegung Richtung Kreuzung ist er für den motorisierten Verkehr Richtung Teufen besser sichtbar. Aus Sicht der Planer ist das die beste Lösung. 

Wer den Umweg nicht auf sich nehmen will – darf er oder sie die Strasse am alten Standort überqueren?

Nein. Wenn der nächste Fussgängerstreifen näher als 50 Meter ist, gilt eine sogenannte Benutzungspflicht. 50 Meter ist sehr viel – momentan laufen auf nationaler Ebene Diskussionen, diese Entfernung auf 25 Meter zu reduzieren. Das dürfte aber noch eine Weile dauern.

Für Irritation sorgt, dass der Fussgängerstreifen nur einseitig mit einem Lichtsignal für die Autofahrer gesichert ist. Oft konnten wir schon beobachten, dass Autofahrer hier halten und die Fussgänger hinüberwinken, obwohl diese Rot haben. 

Wenn der Autofahrer anhält, obwohl er Grün hat, ist das sehr freundlich, entspricht aber nicht dem Verkehrsrecht, er verhält sich zwar nett, aber unkorrekt. 

Könnte hier nicht eine zusätzliche Ampel angebracht werden, um mehr Klarheit zu schaffen?

Technisch das nicht möglich. Solche Anlaufschwierigkeiten hatten wir auch an anderen Orten. Mittlerweile verhalten sich die Verkehrsteilnehmer korrekt, man gewöhnt sich daran, es braucht einfach eine gewisse Einführungsphase.

Velofahrer bemängeln die 5 Zentimeter hohen Randabschlüsse bei den Abzweigungen der Quartierstrassen, welche zu Stürzen führen können. Könnten die Randsteine nicht abgeschliffen werden?

Das ist so, weil momentan noch der Deckbelag fehlt – da kommen noch 3 Zentimeter obendrauf. Damit wird die Kante nochmals reduziert. Ein Abschleifen ist nicht nötig. Grundsätzlich ist einfach zu sagen, dass es bei den Randabschlüssen Normen gibt bezüglich behindertengerechtem Bauen. Die Kanten müssen für Blinde und Sehbehinderte tastbar bleiben. 

Wie beurteilen Sie die Situation beim Einbiegen vom Radweg auf die Strasse mit den zwei Spuren vor dem Lichtsignal, insbesondere wenn man auf der kurzen Strecke noch Richtung St. Georgen einspuren will?

Die Planer haben die Situation begutachtet, zusammen mit anderen Fachstellen wie der Stadtpolizei, so wie das bei jedem Bauprojekt der Fall ist. Aus ihrer Sicht war das ausreichend. Wir müssen uns da auf die Fachleute abstützen.

Die Einmündung der Solitüdenstrasse, auf dem Signalisationsplan. Blau vis-à-vis der Nestweiher.

Brenzlige Situationen gibt es auch bei der Einmündung der Solitüdenstrasse, welche vom kombinierten Rad- und Gehweg auf dem früheren Trassee gequert wird. Manche Autofahrer fahren bis vorne auf die Kante, um sich in den Verkehr auf der Teufener Strasse einzuordnen, und blockieren damit Fussgänger und Velofahrer. Wie wird der Radweg markiert, damit der Vortritt klar geregelt wird?

Eigentlich ist es klar geregelt: Die Trottoirüberfahrt signalisiert, „kein Vortritt“ für den Autofahrer. Der Langsamverkehr auf dem Geh- und Radweg hat klar Vortritt gegenüber dem Verkehr auf der Solitüdenstrasse.

Der Autofahrer muss etappenweise vorgehen, das heisst, zuerst Rücksicht nehmen auf den Langsamverkehr, und erst, wenn er freie Fahrt hat, kann er vorziehen und sich in den motorisierten Individualverkehr auf der Teufener Strasse einordnen. Damit der Autofahrer sieht, dass hier ein Radweg mit Vortritt verläuft, werden im Knotenbereich an der Solitüdenstrasse und den anderen Einmündungen Velopiktogramme aufgemalt (siehe Planausschnitt oben). 

Aber es ist keine separate Spur für Fussgänger und Velofahrer vorgesehen?

Nein, wir sprechen hier von einer Koexistenz, beide Verkehrskategorien nutzen die Fläche gemeinsam, auf der Basis der gegenseitigen Rücksichtnahme. Auf kombinierten Geh- und Radwegen werden Leitlinien aufgrund der beschleunigenden Wirkung und der Vortrittsverhältnisse nicht eingesetzt.

Bei der Einmündung der Demutstrasse Richtung Stadt haben Autofahrer aus St. Georgen Grün, gleichzeitig wie die Fussgänger auf dem Fussgängerstreifen beim Standort der ehemaligen Passerelle. Das kann insbesondere Schüler und ältere Verkehrsteilnehmer irritieren.

Das sogenannte Kollisionsgrün – der Autofahrer hat Grün mit blinkendem Orange –  ist zur Beibehaltung einer genügenden Leistungsfähigkeit auch an anderen Stellen in der Stadt Usus und rechtlich zulässig. 

Aber es kann irritieren.

Ja, es ist auch hier eine Sache der Gewöhnung und der Instruktion, allenfalls durch den Quartierpolizisten. Es wäre sicher sinnvoll, wenn den Schülern solche Situationen erklärt werden könnten. Im Sinne von: Es ist normal, ihr dürft die Strasse überqueren, und der Autofahrer muss Rücksicht nehmen auf euch und solange warten.

Noch etwas zum Erscheinungsbild der Neugestaltung. In diesen Tagen wurde im Bereich Hochwacht ein Mehrzweckstreifen aufgetragen. Was versprechen Sie sich davon?

Der Mehrzweckstreifen wird nach dem Eintrag des Deckbelags bis zur Einmündung Obere Berneckstrasse, beim Nestweiher weitergeführt und ist drei Meter breit. Er hat zwei Vorteile: Einerseits erhalten Linksabbieger eine eigene Fahrspur. Zweitens entsteht Platz für die Mittelinseln. Zudem wirkt er verkehrsberuhigend, da er die Strasse optisch verschmälert.

Bei der Rodung der Hecke kamen weitere schadhafte Stellen der Stützmauer zum Vorschein.

Ein weiteres Element der Neugestaltung: die Sanierung der Stützmauer entlang des Nestweiher-Areals. Gleichzeitig wurde die Hecke zurückgestutzt – weshalb war das nötig?

Die Mauer ist rund 75 Meter lang und durchschnittlich 1,6 Meter hoch. Es ist eine Schwergewichtskonstruktion aus Stampfbeton und weist auf der ganzen Länge diverse Schäden auf. Für die Sanierung der Mauerkrone musste der Pflanzenbewuchs auf der ganzen Länge gerodet werden und dabei wurden weitere Schäden und Risse festgestellt. Sie wird jetzt saniert und mit Kieselwurf neu verputzt.

Was für ein Fazit ziehen kurz vor Abschluss der Neugestaltung?

Mit der Neugestaltung wird die Barrierewirkung der Teufener Strasse abnehmen. Die Sicherheit für die schwächeren Verkehrsteilnehmer wird verbessert, da neu ein etappenweises Überqueren möglich ist, und mit den Grünstreifen sowie dem Mehrzweckstreifen wirkt die Strasse in der optischen Wahrnehmung der Verkehrsteilnehmer auch ein bisschen enger, was sich positiv auf das Verhalten auswirkt.

Gesamthaft gesehen finde ich die Gestaltung und Verkehrsführung sehr gut – eine deutliche Verbesserung und Aufwertung verglichen mit dem alten Zustand. Aber es gibt natürlich immer wieder Verbesserungsmöglichkeiten, man muss sich schrittweise der besten Lösung annähern.

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