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27.12.2020

Ein Bäckereimuseum erinnert an die Zeit, als im Riethüsli noch Brot gebacken wurde.

Im Zeitraum von 111 Jahren existierten im Riethüsli 29 Bäckereien.

Der stolze Bäckermeister Anton Engeler-Thoma (Ugrossvater von Pipilotti Rist) rechts aussen mit seiner Familie um 1924 vor seinem Laden (heute Coiffeursalon Asante). Im „Colonialwarenladen“ links wurden auch auch Mercerieartikel und Droguen angeboten.

Fredi Hächler/Erich Gmünder

Im Keller des Hauses Teufener Strasse 114 befindet sich ein kleines, privates Bäckereimuseum, das an die Familiengeschichte der Bäckerei Engeler-Rist erinnert. Die erstaunliche Entdeckung war Anlass, der Geschichte der Bäckereien in unserem Quartier etwas nachzuspüren.

Die Bäckerei Engeler-Rist

Der letzte Bäcker Tony Rist hatte nach der Aufgabe seines Betriebs im Keller seines ehemaligen Geschäfts ein kleines Museum eingerichtet. Es erinnert an die Geschichte der Bäckerei, die von seinem Grossvater 1922 in diesem Haus eröffnet wurde.

Das Museum präsentiert verschiedene Gerätschaften und Maschinen, aber auch Verpackungen mit den Schriftzügen der damaligen Bäckerei.

Fredy Rist erzählte uns aus der Geschichte der Bäckersfamilie Rist. Als Schulbub musste er noch selber das Brot im Quartier austragen helfen. Foto: EG

Von 1922 bis 1954 war die Familie Engeler-Rist die Betreiberin an diesem Standort. Die Bäckerei war von Grossvater Anton Engeler gegründet worden und ging danach an seinen Schwiegersohn Ignaz Rist über, der aus der gleichnamigen Bäckerdynastie Rist in Altstätten stammte. Jene Bäckerei gibt es heute noch.

Die Bäckerei Rist wurde zuletzt von Tony Rist (2015 verstorben) betrieben, dem Bruder von Fredy Rist. Nach der Geschäftsaufgabe richtete Tony mit den Gerätschaften und einem Teil der Maschinen ein privates Museum ein, um die Zeugen des alten Handwerks der Nachwelt zu erhalten. Allein in diesem Gebäude wechselten sich im Verlaufe der Zeit sechs Bäckermeister ab. 

Das markante Doppelhaus an der Teufener Strasse 114 / 116, erbaut um 1906-08. Im Parterre rechts befand sich der Laden der Bäckerei. Modellbau: Fredy Rist.

Wo die Künstlerin Pipilotti Rist ihre familiären Wurzeln hat

Tony Rist sowie seine Brüder Fredy und Walter und die Schwester Alice Rist sind in diesem Haus aufgewachsen. Auch die berühmte Künstlerin gleichen Namens, Pipilotti Rist, hat hier ihre familiären Wurzeln: Ihr Vater, Walter Rist, war Arzt in Buchs, sein Bruder Fredy ist der Götti der Künstlerin mit dem bürgerlichen Namen Elisabeth Charlotte Rist.

Noch immer ist das Doppelhaus im Besitze der Familien Feuchter (116) und Rist (114). Seit dem Jahre 2011 führt Daniela Graber im ehemaligen Bäckerei-Laden erfolgreich ihren Coiffeur-Salon Asante ( = „Danke“ in Suaheli).

Nahaufnahme des Modells mit dem Coiffeursalon Asante. Fotos: EG

Die Geschichte der Bäckereien von 1889 bis 2000

Im Jahre 1889 fuhr erstmals die Bahn von St.Gallen nach Gais durch unser Quartier. In diesem Jahr hatte Johann Ulrich Zellweger als erster Quartierbäcker an der Teufener Strasse 96, neben dem ehemaligen Restaurant Freudenberg, im Jahre 1889 seinen Laden eröffnet. Im gleichen Jahr wurde daneben auch eine Metzgerei eröffnet. Einen Colonialwaren-Laden gab es schon 1885 vis-à-vis im Wirtshaus Bellevue. 

1889: Grossbaustelle an der Teufener Strasse beim Bau des Wasserreservoirs. Im Vordergrund das noch heute bestehende Wasserreservoir, am Bildrand rechts die erste Bäckerei (siehe Schild Bäckerei) mit dem hohen Kamin, der verschwunden ist (heute Club IN).         Stadtarchiv

Im Verlaufe der Zeit existierten über 100 Läden für den täglichen Bedarf in unserem Quartier, darunter im Zeitraum von 111 Jahren 29 Bäckereien. 

Im Jahr 2000 ging der letzte Backofen aus

Die letzte Bäckerei in unserem Quartier: Der Talhof um 1935. Zu dieser Zeit führten Dorothee und Karl Specker die Bäckerei Talhof (Gasthaus!) von 1927 bis 1952. Man beachte die Zapfsäule an der Hausecke, den Handkarren der Post, die im gleichen Haus untergebracht war (Bildmitte rechts neben dem Eingang) und den Kiosk auf der gegenüberliegenden Strassenseite – und kein Verkehr.                      Stadtarchiv

Im 1904 neu erbauten Talhof führte der Wirt Rudolf Biland gleichzeitig eine Bäckerei (zur Geschichte des Talhofs siehe Riethüsli-Magazin September 2020). Zuletzt betrieb hier Herbert Huber während 40 Jahren die Bäckerei mit Café, bis im Jahre 2000 letztmals der Backofen eingeheizt wurde.

Heute werden im Riethüsli keine Brötchen mehr gebacken. Die Bä­ckerei Schwyter produziert ihre Backwaren zentral und beliefert damit auch die Filiale im Riethüsli. 

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