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7.06.2021

Unser Weiher ist bald 300 Jahre alt

Eine Broschüre erzählt die fast 100-jährige Geschichte der NWG - doch der Weiher ist viel älter.

So idyllisch sah es ursprünglich aus: Erste bekannte Darstellung des Nestweihers von 1867 vom St.Galler Landschaftsmaler Johann Jakob Rietmann (1808-1868). Kantonsbibliothek

Fredi Hächler *

Zugegeben, die Dreiweiern sind als Naturschutzgebiet und Badeanstalt weit über die Stadt hinaus bekannt, der Nestweiher fristet im Vergleich ein Mauerblümchendasein. Nicht einmal alle Riethüsler wissen von seiner Existenz.

Dabei hat unsere Quartieroase ebenfalls viel zu bieten – als Lebensraum für Tiere und Pflanzen und Naherholungsgebiet mitten im Quartier. Und nicht nur das – der Nestweiher hat auch eine interessante Geschichte, wie aus den kürzlich gesichteten Akten der Nestweiher-Gesellschaft hervorgeht.

Das Nest und sein Weiher

Der Weiher oben im Nest, auf dem Kulminationspunkt der Teufener Strasse hat das Gesicht unseres Quartiers mitgeprägt. Er ist der einzige städtische Weiher, der von einem Verein, der Nestweiher-Gesellschaft (NWG), schon beinahe seit 100 Jahren gehegt und gepflegt wird.

Am Fuss der Bernegg gab es einen eher schäbigen Bauernhof, den man wohl etwas despektierlich «Nest» nannte. 1856 wurde der Hof zum Wirtshaus Nest. Das gab dem Quartier seinen Namen. Doch da gab es auch einen Weiher, den man aus Gewohnheit einfach Nestweiher nannte. Er lag zwar sehr romantisch in der Gegend, doch niemand wusste mehr Genaueres über dessen Sinn und Zweck.

Im Weiherbuch der Stadt wird der Weiher für das Jahr 1830 erstmals erwähnt, seine Entstehungsgeschichte ist unbekannt. Doch wies er schon immer einen Damm mit einer Ablassvorrichtung auf. Folglich darf man annehmen, dass er wie die meisten der 90 ehemals städtischen Weiher als Wasserspeicher erbaut wurde. Nur: von wem und wann?

Eisspender für Brauereien und Quartierkloake

Bis man um 1900 das Gebiet beim Nestweiher als idealen Überbauungsplatz entdeckte, galt er als dörflicher Zierweiher, als winterlicher Eisspender für das Kühlen des sommerlichen Bieres und als Wasserspender für die Kreuzbleiche. Doch wozu wurde der Weiher überhaupt gestaut? Einen Hinweis findet man im Kantonsarchiv. In der sog. Vadianischen Sammlung in der Vadiana werden handschriftliche Notizen mit der Signatur S 66a, 1 vom damaligen Stadtarzt Bernhard Wartmann (1739-1815) aufbewahrt. Als Lokalhistoriker verfasste er um 1795 «Die Beschreibungen der Stadt St. Gallen und ihrer Umgebung». (Der Mitgründer des Nestweihers und Gärtnermeister Hermann Wartmann entstammt auch aus dieser Familie. Hinweis von Ernst Ziegler).

Über das Gebiet Bernegg schreibt Wartmann folgendes: 1730 stellt der Bleichermeister Hans Wild an die Stadt ein Gesuch, dort oben einen Weiher anzulegen. Oft fehle im Sommer das nötige Wasser zum Bleichen der Leintücher auf der Kreuzbleiche. Die Bewilligung folgte im Jahre 1731 und noch im gleichen Jahr war der Weiher mit der Zuleitung fertig erstellt. Ob eine separate (Holz-)Leitung gebaut wurde oder das Wasser bei Bedarf einfach via Ruckhaldenbach/Irabach zur Kreuzbleiche geleitet wurde, ist nicht bekannt. Der Stauweiher muss einen Schieber mit Überlauf besessen haben. Zudem musste die Anlage wohl auch ab und zu von einem Weiherwart kontrolliert werden.

Plan vom Hundwilerwasser von 1888 im Riethüsli: Mitte rechts die Zuleitung aus Hundwil ins Reservoir Nest (Mitte oben) und die Leitung ins Reservoir Teufener Strasse hinunter mit dem Abzweiger zum Nestweiher. (In der gedruckten Version Magazin Mai 2021 wurde fälschlicherweise ein Plan des Liebeggweihers verwendet. Wir bitten um Entschuldigung. Die Red.)

Das Wasser für den Nestweiher kam aus Hundwil

Warum wählte der Erbauer Hans Wild 1730/31 den Weiher an diesem erhöhten Standort? Ein Weiher braucht einen ständigen Wasserzufluss. Ein offener Zufluss wäre nur vom Bernegghang her vorstellbar. Aber ein möglicher Bachverlauf zum Weiher ist auf den alten Karten nicht auszumachen. Eine Speisung aus dem Gebiet der Watt oder von Hofstetten wäre wegen der «Gegensteigung» zum Weiher hinauf nur mit einer geschlossenen Zuleitung, einer sog. kommunizierenden Röhre, möglich gewesen. Eine solche geschlossene Zuleitung erhielt der Weiher 1888 beim Bau des sog. «Hundwilerwassers», das sich ins Reservoir Nest beim Scheffelstein ergoss.

In den 1930er-Jahren errichtete die Stadt mit dem Wattwasser vom Ringelberg ebenfalls eine geschlossene Zuleitung, die bis heute den Nestweiher speist. Wasser aus Hundwil floss jedoch noch bis zum Jahre 2007 in den Weiher.

Eine Broschüre erinnert an die Gründung vor 95 Jahren

Die 295-jährige Geschichte ist reich an weiteren Überraschungen. Das Geheimnis der Gründung ist hiermit zwar gelüftet, aber der Zufluss von 1831 bis 1888 bleibt ein Rätsel. Nur rund 70 Jahre diente der Nestweiher als Wasserspeicher, es folgten 100 Jahre als romantischer Froschweiher, und nach 1900 sollte der nutzlose und verschmutze Tümpel zugeschüttet werden. Initiative Männer retteten ihn und gründeten 1926 die NWG. Die ganze Geschichte der Rettung und Wiederbelebung wird in der Broschüre Die Nestweiher-Story nachgezeichnet.

Die Aufzeichnungen von Bernhard Wartmann um 1795: Hans Wild will 1730/31 auf der hinteren Bernegg einen Teich anlegen mit einer Zuleitung zu den Bleichen. Vadianische Sammlung

*Die Broschüre «Die Nestweiher-Story» von Fredi Hächler wird an der Hauptversammlung der Nestweihergesellschaft (Datum noch offen) vorgestellt und kann danach bestellt werden. Anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der NWG im Jahre 2026 wird eine aktualisierte Fassung vorliegen.

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