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27.07.2019

Die Waldschlacht rund um den Menzlenwald

Besuch bei unserem Quartierförster im Wald.

Patrik Hollenstein, unser „Quartierförster“. Archivfoto: Michel Canonica, St.Galler Tagblatt.

Martin Wettstein

Auf dem Menzlen-Rundweg ist Spaziergängern, Bikern und Joggern während des vergangenen Winters 2018/19 wahrscheinlich aufgefallen (den konzentrierten Bikern und Joggern wohl etwas weniger), dass am Wegrand riesige Berge von gefällten Baumstämmen lagen, quer zum Weg in ordentlich geschichteten Beigen. Warum das so war, kann nur der Förster beantworten. Darum habe ich mich mit Patrik Hollenstein zusammengesetzt, einem der beiden Revierförster auf dem Waldgebiet Sankt Gallen Stadt, das zum grössten Teil der Ortsbürgergemeinde gehört. Zuerst die Frage an ihn: Wie wird man eigentlich Förster? 

Patrik ist in Sirnach aufgewachsen, hat nach der obligatorischen Schulpflicht eine Grundausbildung als orstwart gemacht und anschliessend, mit dieser Befähigung, acht Jahre im Beruf gearbeitet. Nach weiterführenden Schulen in Maienfeld und Lyss ist er 2012 als Förster von der Ortsbürgergemeinde St.Gallen angestellt worden.

Entgegen unserer simplen Meinung arbeitet er als Förster nicht nur in seinen Wäldern, sondern zu 50% auch in seinem Försterbüro in St.Georgen. Seine Hauptaufgaben dort: administrative Arbeiten, Arbeitsplanung für die Arbeitsgruppen, Betriebsführung des Forstbetriebes, Holzverkauf, Offertenwesen und Rechnungsstellung.

Industrieholz, am Wegrand aufgeschichtet.

Hauptaufgaben im Wald: Erstellen der waldbaulichen Planung; Anzeichnung der Holznutzung, Planung der Waldpflege von der Pflanzung bis zu den Jungbäumen, Beobachtung des Waldzustandes, Erfassen von Waldschäden und Unwetterereignissen (Der Orkan «Lothar» von Ende 1999 ist ihm und uns allen noch in heftiger Erinnerung).

Der Menzlenwald wird nach dem Prinzip des Dauerwaldes bewirtschaftet. Der Wald soll seine Funktionen dauernd und auf der ganzen Fläche erfüllen können. Auf grossflächige Verjüngungsholzschläge wird verzichtet. Die Holznutzung erfolgt einzelstammweise oder in Gruppen, in regelmässigen Abständen. Die verschiedenen Baumgenerationen (Alt- und Jungbäume) sind einzeln oder in Gruppen über die ganze Fläche verteilt. Der ganze Menzlenwald ist in sieben «Bewirtschaftungseinheiten» eingeteilt. Diese werden in regelmässigem Turnus bewirtschaftet, das nachwachsende Holz geerntet und der weitere Waldbestand gepflegt.

Hackholz für Fernwärme. Fotos: Martin Wettstein

Nun zum grossen Holzschlag des vergangenen Winters 2018/19 im Menzlenwald: Auf einer Fläche von rund sieben ha (das entspricht einer Bewirtschaftungseinheit) wurden insgesamt 500 Kubikmeter Holz gefällt. In acht Jahren ist die gleiche Menge Holz auf dieser Fläche wieder nachgewachsen. Der nächste Holzschlag ist für das Jahr 2027/28 geplant und die gleiche Menge an Bäumen also wieder fällbar. In den geschaffenen Lücken im Wald soll sich der Waldbestand auf natürliche Weise verjüngen, bevorzugt Buchen, Tannen und Fichten. Ziel ist, dass im Menzlenwald möglichst alle Altersstufen von Bäumen nebeneinander vorhanden sind.

Zum Schluss noch dies: In einem der neuesten Bücher des bekannten Astrophysikers und Naturphilosophen Harald Lesch (Titel «Die Menschheit schafft sich ab») lese ich den Satz: «Unsere Welt wird durch wachsende Mobilität immer weiter beschleunigt». Wie beruhigend ist es, einem Förster, einem Wald-Menschen sozusagen, zuzuhören. Förster leben in einer gegenteiligen Welt. Sie reden von Bäumen, die Hunderte von Jahren alt sind, wie sie es an ihrem Stamm-Querschnitt messen können.

Und wenn Patrik Hollenstein mit grosser Gelassenheit von acht Jahre dauernder Verjüngung von Waldflächen spricht, dann überhöre ich im Café Schwyter im Riethüsli den Lärm der SUVs, die mit beängstigender Einfalt draussen auf der Teufener Strasse vorbeibrettern.

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