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15.04.2023

Ein fröhlicher Wurm und seine Freunde

Das neue Schulhaus erhält ganz spezielle neue Bewohner.

Kristin Schmidt

Ein Prozent der Bauausgaben für die Kunst, das fordert der Berufsverband der Künstlerinnen und Künstler bei allen Bauprojekten. Die Stadt St. Gallen setzt das bereits vorbildlich um. Auch beim Schulhausneubau im Riethüsli – mit dem Künstler Beni Bischof.

Eines wird bei den Treppen herumstromern, eines den Pausenplatz besetzen, andere werden sich zwischen Büschen verstecken und wieder andere auf dem Geländer balancieren: Kinder?

Die auch, aber wenn das neue Schul­gebäude im Riethüsli eröffnet wird, werden sich merkwürdige Wesen unter die Kinder mischen, unter das Lehrpersonal und zwischen die Passantinnen und Passanten aus dem Quartier. Fünfundzwanzig Gestalten werden sich in den Weg stellen, sich über Gesellschaft freuen oder darauf warten, entdeckt zu werden.

Hier entstehen die lustigen Mitbewohner des neuen Schulhausareals – in der Werkstatt von Beni Bischof. Fotos: zVg.

Entworfen hat diese fünfundzwanzig Figuren Beni Bischof. Seit langem ist der Künstler in der Stadt St. Gallen und weit darüber hinaus mit seinen Kunstwerken präsent. Er lebt in Widnau und arbeitet in einem Atelier im Lachenquartier. Ausgestellt hat er beispielsweise in der Kunst Halle Sankt Gallen, im Kunstmuseum St. Gallen, im Museum zu Allerheiligen Schaffhausen, im Fotomuseum Winterthur, in Städten wie Rotterdam, Detroit oder London. In St. Gallen hat er das Rock & Pop Center in der Vonwilstrasse künstlerisch ge­staltet: mit Wandzeichnungen in den Innenräumen und einer Neonschrift über dem Eingang.

Die Qual der (Aus-)Wahl

Anlässlich des Schulhausneubaus im Riethüsli hat Beni Bischof den Kunst­wettbewerb gewonnen. Eingeladen waren ausser ihm drei Künstlerinnen: Katalin Déer und Asi Föcker aus St. Gallen und Valentina Stieger aus Zürich. Die Vier reichten der Wettbewerbsjury Vorschläge ein und die Jurymitglieder waren sehr angetan von der Qualität und der Vielfalt der Ideen. Die Eingeladenen setzten sich sehr unterschiedlich mit dem Schulhausthema auseinander. Drei von ihnen schlugen Kunstwerke in der Umgebung des neuen Gebäudes vor. Sie haben mit ihren Vorschlägen sowohl an die Kinder als künftige Nutzerinnen und Nutzer gedacht als auch an den zentralen Ort für das gesamte Wohnquartier. Zwei Künstlerinnen planten, das Element Wasser in ihre Kunst einzubeziehen, eine dritte hat sich eine Gestaltung für die Vorhänge im Schulhaus überlegt. Eine Künstlerin sah vor, Teile der obe-ren Turnhalle zu bewahren und in die Aussenraumgestaltung zu integrieren.

«Neue Freunde»

Die Künstlerinnen und der Künstler haben ihre Ideen der Jury persönlich vorgestellt. Die Jurymitglieder haben die vier Vorschläge sorgfältig studiert, sich beraten und schliesslich entschie­den: Den Kunstwettbewerb gewonnen hat Beni Bischof mit seinem Projekt «Neue Freunde».

Der Künstler hat sich für den Aussenraum des neuen Schulhauses besonde­re Gestalten ausgedacht und schon kleine Modelle angefertigt. Einzigartige Wesen sollen das Gelände bevölkern:

Es gibt gut gelaunte Zwillinge, eine lachende Kugel, einen miesepetrigen Hutträger, ein O mit Gesicht oder einen fröhlichen Wurm. Alle diese Figuren formt Beni Bischof von Hand aus Ton. Seine Bearbeitungsspuren und Fingerabdrücke verleihen den Wesen ein sehr lebendiges Aussehen.

Tonfiguren wären aber im Aussenraum zu wenig lange haltbar, deshalb werden sie in Bronze gegossen. Zugleich werden sie dabei in ihrer Grösse verändert: Manche Figuren werden einen Meter hoch sein, andere einen halben Meter und viele werden zwischen zehn und 25 Zentimeter gross.

Beni Bischof plant, die Figuren über den gesamten Aussenraum des Primarschulgebäudes zu verteilen: von der Teufener Strasse bis hin zum Waldstück in Richtung Hofstettenstrasse.

Einzelne Figuren besetzen den gestalteten Grünbereich, andere sind architekturbezogen, wieder andere warten auf den Sitzstufen auf Gesellschaft.

Einzelne Figuren auf oder unter dem Dach des Schulhauses sind viel­leicht nur mit einem Feldstecher zu erkennen: Beni Bischofs Kunstprojekt regt die Kinder an, «Neue Freunde» zu suchen. Vielleicht freunden sie sich dauerhaft mit dem einen oder dem an­deren Wesen an, begrüssen es am Mor­gen oder nach den Ferien – und vielleicht, wenn sie als junger Mensch irgendwann gar nicht mehr im Riethüsli wohnen, aber in das Quartier für einen Besuch zurückkommen.                      

Magazin Riethüsli Dezember 2022

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