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12.07.2019

Alles begann mit 20 Patenkindern

Gründerehepaar Agnes und Kurt Benz in Senegal mehrfach ausgezeichnet.

Agnes und Kurt Benz im Garten ihres Hauses an der Guggerstrasse.

Elisabeth Weber/Fotos: Erich Gmünder 

6 Millionen Spendefranken – und eine Menge Herzblut: Das ist «Hand für Afrika» in ein paar knackigen Stichworten umrissen. Hinter der Organisation steht ein Ehepaar: Zwei Menschen aus Fleisch und Blut, die an den Frieden und das Gute im Menschen glauben.

«Ich hätte nie gedacht, dass wir jemals so gross werden. Insgesamt haben wir bisher ein Spendenvolumen von knapp sechs Millionen erreicht. Die Menschen bringen uns ein sehr grosses Vertrauen entgegen», resümiert Kurt Benz. Dieses enorme Spendenvolumen erklärt er sich mit der Vereinsgründung im Zuge der Steuerreform von 2001, die den Grundstein für das Hilfswerk «Hand für Afrika» gelegt hatte. Fortan war es möglich, alle Spenden in der Steuererklärung abzuziehen.

Das „Familienunternehmen“ von damals vier Menschen ist seither kontinuierlich gewachsen. Der Verein «Hand für Afrika» hat heute ca. 380 Mitglieder, wovon ein wesentlicher Teil aus unserem Quartier stammt. «Ohne den grossen Rückhalt von Menschen in unserem Quartier wäre «Hand für Afrika» nicht das, was es heute ist», gesteht Kurt Benz.

«Hand für Afrika» lebt von seinen Botschaftern und Botschafterinnen, insbesondere auch von den vielen Helferinnen und Helfern. Einige von ihnen haben die Benzens schon bei ihren regelmässigen Besuchen in den Senegal begleitet. Dem schweizerischen Netzwerk entspricht ein tragendes senegalesisches Netzwerk. «Mit Pater Ambrosius hatten wir vor Ort eine wirklich gute Ansprechperson. Er wollte einfach den armen Familien helfen, damit sie ihre Kinder in die Schule schicken konnten. Dazu kamen auch Abbé Pierre, Direktor der Schulverwaltung des Bistums, und Bischof André Guèye. In ihrem Bistum gab es damals keine vergleichbare Institution», erzählt Agnes Benz.

Die Erfolgsgeschichte von «Hand für Afrika » beginnt mit 20 Patenschaften. Agnes ging damals von Haus zu Haus und machte Werbung. Sie dachte, als sie für die 20 Kinder Patinnen und Paten gefunden hatte, die bereit waren, senegalesischen Kindern eine angemessene Schulbildung zu finanzieren, das sei es gewesen. Heute sind es ca. 1000 Patenkinder, die im Rahmen des Hilfswerks begleitet werden.

Bildung, Trinkwasserversorgung und Selbstversorgung

Aber auch dabei ist es nicht geblieben. In den letzten 16 Jahren hat «Hand für Afrika» zehn grosse Schulen für je ca. 500 bis 1000 Kinder gebaut. Dazu kamen weitere kleinere Schulprojekte. Auf diesem Weg erhalten aktuell ca. 10 000 Kinder aus armen Schichten direkten Zugang zur Bildung. Direkt und indirekt sind es wohl Zehntausende Kinder, die dank «Hand für Afrika» Schulbildung bekommen haben. «Wir haben zwei grosse Wasserprojekte gebaut, die Dörfer mit Trinkwasser versorgen», ergänzt Kurz Benz. Insgesamt sind es gegen 30 bis 40 000 Menschen, die frisches Wasser auf diesem Weg erhalten. Das grösste Wasserprojekt ist im Tal von Mont Rolland entstanden. Es versorgt allein ca. 20 000 Menschen mit Trinkwasser.

Eine Urkunde zeugt von der grossen Bedeutung des Hilfswerks für den Senegal.

Um auf Wasser zu stossen, musste ein 100 m tiefes Loch gebohrt werden. Das gewonnene Wasser wurde auch zur Grundlage eines Landwirtschaftsprojekts, das der dortigen Bevölkerung bis zu drei Ernten pro Jahr ermöglicht. Die Region wurde mit «Hand für Afrika» gewaltig aufgewertet. Der Abwanderung konnte erfolgreich der Riegel geschoben werden.

Vor ca. zehn Jahren entstand in Godèle das jüngste grosse Landwirtschaftsprojekt. Es wurde aufgrund eines Hilferufes ins Leben gerufen. Abbé Ambrosius kam mit der Idee auf Benzens zu. Er wollte ein Projekt realisieren, um den nach Dakar abgewanderten Jugendlichen eine Existenz in der Heimat zu sichern. Zusammen mit einem Agronomen vor Ort wurde das Projekt realisiert. «Hand für Afrika» baute Brunnen, lieferte Werkzeuge und Saatgut. «Zudem haben wir Zäune gebaut, um die Grundstücke vor hungrigen Tieren zu schützen», ergänzt Agnes nicht ohne Stolz.

Folgen des Klimawandels

«Wir haben das Projekt mit 15 Jugendlichen gestartet. Heute arbeiten 90 Personen in dem Landwirtschaftsprojekt.» Der beachtliche Zuwachs von Feldarbeitern erklärt sich mit der sich laufend vergrössernden Nutzfläche. Vor Ort bildet der bei der «Caritas Senegal» angestellte Agronom die Leute aus. «Das Projekt funktioniert bis heute wie ein Familiengarten. Nur wer das Land nutzt und pflegt, darf sein Grundstück behalten», ergänzt Agnes Benz.

Leider überschatteten aufgrund des Klimawandels immer häufiger mit Salzwasser überflutete Felder den Erfolg des Projektes. Ernteausfälle wurden zum Alltag. Für die Vorstandsmitglieder des Vereins war klar: Jetzt sind konkrete Massnahmen gefragt. Einen Entsalzungsdamm konnte «Hand für Afrika» als Notprojekt 2018 der Bevölkerung von Godèle schenken. Wie durch Wunder fanden sich entsprechende Gelder.

Ehrenbürgerin und Ordensträgerin

Agnes Benz, welche bereits 2014 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Thiès im Senegal bekommen hat, erhielt 2018 den «Ordre National du Lion» für ihr Werk. «Mit Leib und Seele haben wir aufgebaut – nun ist es für uns langsam Zeit, die Nachfolge in neue Hände zu geben. Wir wünschen uns einen fliessenden Übergang. Es fällt uns nicht einfach, daran zu denken. Wir werden uns nicht einfach zurückziehen. Uns ist bewusst, dass die nachfolgende Generation «Hand für Afrika» anders führen wird. Und parallel dazu kann der Wechsel nicht einfach so in der Schweiz geschehen, auch im Senegal muss er entsprechend vorbereitet werden. Es ist unser Wunsch, dass «Hand für Afrika» auch weiterhin ohne Geschäftsführer wirken kann. Ich hätte nicht Lohn beziehen und mir die Reisen bezahlen lassen können angesichts der Not. Das ist eine Berufung, die ich lebe.»

Frondienst

Nach diesem Bekenntnis von Agnes Benz kehrt für einen Moment Stille im Gespräch ein. Ob es wohl schwierig werden wird, eine angemessene Nachfolge für das engagierte Ehepaar zu finden? Ob sich in der heutigen Zeit auch weiterhin Menschen finden lassen, die ehrenamtlich Grosses realisieren?

An Helferinnen und Helfern fehlt es auf alle Fälle nicht. Alle sind bereit, ihre Reisen selbst zu zahlen. Die gesamte Unterstützung wird gewissermassen auf Frondienstbasis geleistet. Für Agnes ist klar, dass man in diese Haltung hineinwächst. Geben wollen ist eine Entscheidung; eine Entscheidung, die sie bisher nie bereut hat. Auf alle Fälle hat diese Entscheidung von Agnes und Kurt Benz das Leben unzähliger Menschen verändert. Soviel steht fest. Agnes und Kurt Benz – mit Herzblut für «Hand für Afrika».

info@handfuerafrika.ch

www.handfuerafrika.ch

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