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16.12.2021

Alles begann mit einer kleinen Eisenbahn

Der Hochwächtler Psychiater und Sammler Hans Peter Schönwetter und seine Liebe zum Erzgebirge.

Hans Peter Schönwetter mit einem der Sammelobjekte, einem Engel aus dem Erzgebirge.

Erich Gmünder, Text und Fotos

Hans Peter Schönwetter lebt mit seiner Frau Margrit an der Hochwachtstrasse. Und er pflegt seit über 60 Jahren ein ganz besonderes Hobby: Er sammelt Holzspielzeuge aus dem Erzgebirge.

Von rund 70 Objekten hat er sich vorübergehend getrennt: Diverse Nussknacker, Engel und Bergmänner bevölkern noch bis Ende Januar eine grosse Ausstellung im Historischen- und Völkerkundemuseum St.Gallen, gemeinsam mit den Exponaten einer anderen Sammlerin.

Wie kommt ein Hochwächtler ins Erzgebirge – das Gebiet zwischen Dresden und Zwickau im ehemaligen Staatsgebiet der DDR, an der Grenze zur Tschechoslowakei? Für die Antwort muss man den Bogen noch weiter spannen: Wie kommt ein Glarner – sein Dialekt verrät es – nach St.Gallen? Und wie kommt er zum Sammeln?

Die Sammlerleidenschaft wurde durch ein Weihnachtsgeschenk entfacht. Grossvater Johann und Vater Hans Schönwetter betrieben in Glarus ein Fotofachgeschäft und schufen sich einen Namen als Fotografen. Der Vater verlegte sich schon früh aufs Filmen und schuf unersetzliche Zeitdokumente. Eine riesige Sammlung von Fotos und Filmen im Landesarchiv des Kanton Glarus zeugt davon. Der Vater war auch ein begeisterter Modelleisenbähnler. Von ihm erhielt der 4.- Klässler an Weihnachten 1946 – und das war damals eine kleine Sensation – eine der ersten elektrischen Modelleisenbahnen aus den USA; sie funktioniert heute noch.

Der Sohn hätte die Fotografendynastie weiterführen sollen. Hans Peter aber hatte anderes im Sinn: Er interessierte sich für die Medizin. Nach dem Progymnasium in Glarus absolvierte er die letzten beiden Jahre bis zur Matura – die gab es in Glarus damals noch nicht – an der Kanti St.Gallen. Und hier kommt die Liebe ins Spiel, in der Person von Margrit, der Schwester eines Verbindungsbruders. Ihre Mutter hatte den jungen Glarner, der bei einer Schlummermutter wohnte, oft verwöhnt, bald ging er im Hause ein und aus. Und da funkte es.

Stationen in Zürich, Berlin und Jena (DDR)

Es folgten Studienjahre in Zürich und Berlin sowie in Jena (DDR), und nach der Promotion als Dr. med. hängte er weitere zehn Jahre Ausbildungszeit als Assistenzarzt in Deutschland und der Schweiz an, immer begleitet von seiner Frau. Er vertiefte sich in die Endokrinologie, die Lehre von den Hormonen, interessierte sich aber gleichzeitig immer mehr für die seelischen Ursachen von Krankheiten und machte in beiden Disziplinen seinen Abschluss als Facharzt. Zurück in St.Gallen eröffnete er eine Praxis als Psychiater und Psychotherapeut sowie als Psychosomatiker. Seine Eisenbahn und seine Sammelstücke seien ihm – neben der Familie – jeweils eine willkommene Abwechslung gewesen: Abschalten nach einem langen Tag mit oft belastenden Geschichten.

Der Nussknacker – er ist nun im Mittelpunkt der Sammlung im Historischen – und Völkerkundemuseum St. Gallen.

Der Nussknacker

Zurück nach Jena und Berlin: Hier lernte er einige Mitstudenten aus der DDR kennen. Sie luden ihn zu ihren Treffen ein. Auf einer Wanderung lernte er dank einem Freund das Erzgebirge kennen und lieben. Einer seiner neuen Freunde – mit den meisten aus jener Zeit pflegt er heute noch einen intensiven Kontakt – schenkte ihm 1973 einen Nussknacker in Gestalt eines Holzsoldaten, eine der traditionellen Holzfiguren. Das löste die zweite Sammelleidenschaft aus – und das historische Interesse an ihrer Herkunft.

Bald bereiste er – zu erst mit Freunden, dann mit seiner Frau – die ehemaligen deutschen Gebiete, die im Krieg zu Polen geschlagen wurden, und die DDR. Und er beschäftigte sich neben seiner Sammlertätigkeit intensiv mit der Geschichte des Erzgebirges. Seit dem 12. Jahrhundert wurde hier Silber abgebaut, später seltene Metalle wie Mangan und Kobalt. Als diese Quellen versiegten, verlegte man sich im 19. Jahrhundert auf die Herstellung von Holzspielsachen. Hans Peters Sammelleidenschaft kam via familiäre Beziehungen auch der Kuratorin Monika Mähr vom HVM zu Ohren und regte sie zu der Ausstellung im Historischen Museum an.

Natürlich freut sich Hans Peter Schönwetter, wenn viele Riethüsler die Weihnachtsausstellung im Historischen Museum besuchen (bis 30.1.2022).

der Link zur Ausstellung: Weihnachtsland Erzgebirge im Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen

Flyer der Ausstellung PDF

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