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2.04.2020

Und wieder verschwindet ein Stück altes Riethüsli

Die Überbauung am Wattweg - und ein Blick zurück.

Das baufällige Haus Wattweg Nr. 10. Links führt der Wattweg vorbei mit der öffentlichen Beleuchtung.  Foto: Erich Gmünder

Noch gibt es die Adresse Wattweg 8/10/16/21. Es sind die letzten Häuser des ehemaligen Weilers Alte Watt, dem ältesten Teil unseres Quartiers, der bereits im Jahre 1282 erstmals erwähnt wurde. Hier wird in den nächsten Jahren die Überbauung Wattweg mit 41 Eigentumswohnungen realisiert.

Fredi Hächler

Das Haus Nummer 10

Das Haus Nummer 10 wird seit kurzem nicht mehr bewohnt. Das genaue Alter kann nicht mehr bestimmt werden, das Haus ist aber sicher mehr als 140 Jahre alt, ist es doch bereits auf dem Stadtplan von 1880 eingezeichnet.

Da nichts auf einen früheren Scheunenanbau hinweist, war es vermutlich seit je als Wohnhaus gebaut und genutzt worden. Ob der Abbruch der Häuser 8 und 10 schon damals bei der geplanten Überbauung um 1949 vorgesehen war, ist nicht bekannt.

Noch bis ins Jahr 2000 sah der Weiler Watt auf den Stadtplänen so aus. Die Siedlung Watt bestand aus den Häusern Wattstrasse 7 bis 21. Die ‚Landschaftsnarbe‘ des Sandsteinbruchs ist hier deutlich sichtbar (Schraffierung). Abbildung: Stadtplan 1934

Der Wattweg 

Immer noch brennt abends an einigen Stellen die öffentliche Beleuchtung am Wattweg. Auch die Watttreppe ist im Treppenverzeichnis als solche offiziell aufgeführt. Der Wattweg ist im aktuellen Stadtplan durchgängig bis zur Brandtobelstrasse (die Strasse am Wattbach) eingezeichnet.

Schon vor 1880 führte ein Weg vom Wirtshaus Grosses Riethüsli zur Wattsiedlung hinauf (in der Watt gab es nie ein Wirtshaus … ). Heute führt der Wattweg nur noch bis zum Haus Nr. 21. Von hier bis zum Wattbach ist der Weg nicht mehr begehbar. Die Fortsetzung als breiter Weg wurde wohl um 1900 erstellt, aber da er seit Jahren nicht mehr benutzt wurde, ist er in der Folge zugewachsen.

Der Wattweg wird in die neue Siedlung integriert, zumal die Überbauung unter dem Namen Wattweg firmiert.

Idylle mit dem zugefrorenen Liebeggweiher nach 1900: Dampfzug der Appenzellerbahn mit offenem Führerstand in Fahrt Richtung Teufen. Oben ist das Trassee des neu erstellten Wattweges zum Wattbach zu erkennen. Foto: Sammlung Willi Müller

Die Watt – seit je die Sonnenterrasse des Quartiers

Schon im Mittelalter wurde der wasserreiche Hang, auch als Ringelberg bekannt, wegen der idealen Lage von Bauern besiedelt. Erstmals wurde er 1282 im äbtischen Zinsbuch erwähnt und war nach St.Laurenzen kirchhörig. Das geruhsame Leben wurde 1403 in den Appenzellerkriegen jäh gestört. Der Weiler wurde von den Appenzellern geplündert und gebrandschatzt.

Das Leben ging weiter, ein äbtischer Sandsteinbruch kam nach 1700 nördlich des Bauernhauses Nummer 7/9 hinzu. Aber das Leben im ehemals ländlichen Gebiet des Riethüsli sollte sich nach 1900 für immer verändern. Die Watt wurde im Rahmen des allgemeinen städtischen Baubooms als günstiger Wohnraum vorerst von italienischen Arbeitern entdeckt. Bis zu 30 Fremdarbeiter wohnten im Klein-Italien, wie der Weiler von den übrigen Riethüslern damals abschätzig genannt wurde.

Überbauungsplänefür die Watt gab es offenbar bereits vor über 70 Jahren, wie dieses Bild aus dem Jahr 1949 nahelegt: Unten links ist das Wirtshaus Grosses Riethüsli erkennbar, in der Bildmitte oben das Haus Wattweg Nummer 10 (mit der Wäsche vor dem Haus), das der Überbauung weichen muss. Die gut sichtbaren Visierstangen links und rechts deuten darauf hin, dass hier bereits damals eine ähnliche Überbauung geplant war. Sie wurde aus unbekannten Gründen nicht realisiert. Die dahinter liegenden Häuser sind alle verschwunden. Foto: Kantonsbibliothek

Baulich blieb bis nach dem Zweiten Weltkrieg alles beim Alten. 1949 setzten die ersten Begehrlichkeiten nach idealem Wohnraum ein: Stadtnah und doch im Grünen. Die Bauernhäuser zerfielen teilweise und wurden als Rückzugsort der städtischen, alternativen Szene entdeckt. Erst im Jahre 2008 zogen die letzten Punker mit ihren Wohnwagen ab und im gleichen Jahr die ersten Bewohner in die Häuser Wattstrasse 9 bis 13 ein.

Schon in den 1980er-Jahren wollten eine Erbengemeinschaft und die Ortsbürgergemeinde als Besitzer den halben Ringelberg überbauen. Erst nach einem 20 Jahre dauernden Hin und Her und zwei städtischen Abstimmungen  konnte die heutige Wattüberbauung schliesslich realisiert werden.

1 Kommentar

  1. Patrick Hager

    02.04.2020 / 10:38 Uhr

    Vielen Dank für den spannenden Artikel!

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