31.05.2021
„Wir haben auch Anregungen aus dem Quartier entgegengenommen und umgesetzt“
Ein Jahr Walderlebnis Menzlen - Interview mit Urban Hettich.
Mitte Mai 2020, nach dem ersten Lockdown, wurde das Walderlebnis Menzlen eröffnet. Der vier Kilometer lange Rundweg um die Menzlen soll anregen, den Wald und seine tierischen und pflanzlichen Bewohner besser zu verstehen. Nach einem Jahr ziehen wir mit Urban Hettich eine erste Bilanz.
Interview/Fotos: Erich Gmünder
Ziemlich genau vor einem Jahr wurde das Walderlebnis eröffnet. Wurden die Erwartungen erfüllt?
Ja, wir haben viele positive Rückmeldungen erhalten von Besuchern, das hat uns gefreut. Wir haben gesehen, dass viele Leute gekommen sind. Für uns haben sich die Erwartungen erfüllt. Wir hoffen nun, dass es attraktiv bleibt und dass die Leute weiterhin kommen. Jetzt warten wir mal ab, wie es sich entwickelt.
Wie hat sich die Coronapandemie ausgewirkt?
Auch wir haben gespürt, dass die Leute mehr draussen gewesen sind. Entsprechend gab es auch mehr Abfall – was wohl mit den ausserordentlichen Umständen im Coronajahr zu tun hat. Ich führe es zum Teil auf Leute zurück, die sonst nicht im Wald sind und offenbar nicht wissen, wie man sich in der Natur verhält, oder Junge, die keine andere Möglichkeit hatten, sich zu treffen, und nicht gelernt haben, dass man den Abfall mit nach Hause nimmt.
Neben dem Littering musste ja auch mit Beschädigungen gerechnet werden. Wie sah es da aus?
Aus meiner Sicht war es weniger schlimm, als wir befürchtet hatten. Darüber sind wir natürlich froh. Wir haben nur einen einzigen Vandalenakt gehabt. Am Eingang zum Walderlebnis bei der Wilenstrasse wurde eine Orientierungstafel versprayt, die wurde inzwischen wieder instand gestellt.
Mehr Menschen im Wald – ist das nicht eine Belastung für den Wald und die Tiere?
Solange sich die Leute auf den Wegen bewegen, ist das eigentlich für die Tiere nicht problematisch. Die Rehe und die Vögel wissen langsam, wo sich die Menschen bewegen, und solange sich die Waldbesucher daran halten, ist das kein Problem.
Störend wird es für die Wildtiere, wenn man querfeldein respektive querwaldein zu gehen oder gar zu fahren beginnt.
Immer wieder zu sehen sind Mountainbiker, die trotz Verbotsschild den Schleichweg runter sausen…
Ja, das hat sich wieder entwickelt. Leider beobachten wir das bei Bikern im ganzen Stadtgebiet.
In allen Wäldern entstehen im Moment massiv zusätzliche Wege, die befahren werden. Wir probieren mit verschiedenen Mitteln, dem entgegenzuwirken und Lösungen zu finden. Aber das ist ein schwieriges Thema.
In den letzten Tagen waren hier Forstleute an der Arbeit. Was war ihre Aufgabe?
Wir hatten verschiedene Rückmeldungen und Anregungen erhalten, auch dank der Quartierzeitung Riethüsli. Im Rahmen des ersten Unterhalts haben wir Lösungen gesucht und realisiert. So wurden die Zugänge zu den Ruhebänken verbessert, damit sie auch von Menschen mit Gehbehinderungen genutzt werden können, und zusätzlich wurde eine neue Bank aufgestellt.
Bei einem Posten haben wir ein kleines Podest gebaut, damit er auch für Kinder zugänglich ist. Auch das angekündigte Gipfelbuch ist am Entstehen. Ausserdem haben wir zusätzliche Wegweiser bestellt für den Schleichweg Richtung, damit sich dort niemand verirrt. Die Probleme, die uns gemeldet worden sind, haben wir damit behoben.
Beim Ausbau der Bänke und dem Unterhalt der Strasse wurde ein betonähnliches Material verwendet, ist das im Wald unbedenklich?
Nein, das ist kein Beton, das ist Kies mit etwas Lehmanteil, damit das Material etwas kompakter ist und nicht mit dem ersten Regen weggeschwemmt wird. Allgemein gilt: Für unsere Naturstrassen verwenden wir ausschliesslich natürliche Materialien, sprich naturbelassenen Kies ab Kiesgrube, und kein Recyclingmaterial, weil das schadstoffbelastet sein könnte.
Wie geht es nun weiter? Was haben Sie aus den Erfahrungen gelernt, was wollen Sie anders oder besser machen?
Wir überlegen zurzeit, wie wir den Rundweg noch um einzelne Posten ergänzen können. Zum Beispiel mit Themen, die wir bis jetzt noch nicht aufgegriffen haben. Und wir wollen vor allem noch vermehrt Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Klassen auf den Weg bringen. In Vorbereitung sind Arbeitsblätter für die Schule, und es wird eine Vertiefungsbox zusammengestellt, welche ausgeliehen und in den Unterricht eingebaut werden kann.
Von der Pike auf gelernt
Urban Hettich absolvierte nach der Forstwartlehre die BMS mit dem Ziel, an einer Fachhochschule ein Studium zum Forstingenieur zu absolvieren. Da diese Studienrichtung auf Fachhochschulniveau damals noch nicht zur Verfügung stand, gab es nur den Weg über ein Studium an der ETH in Zürich. Dafür musste er zuerst die Zweitwegmatura absolvieren.
Im siebten Jahr leitet der dipl. Forstingenieur ETH nun den Geschäftsbereich Forst und Liegenschaften der Ortsbürgergemeinde St. Gallen, der viertgrössten Waldbesitzerin im Kanton St. Gallen. Zu seiner Abteilung gehören auch die sieben Ausflugsrestaurants, 19 Bauernhöfe, zahlreiche Wohnliegenschaften und die Nahwärmeverbund Stadtsäge AG, die mit Holzschnitzeln aus den eigenen Wäldern betrieben wird. Damit werden neben dem Bürgerspital und der Geriatrie 100 Wohnungen mit Heizwärme versorgt.
Autor/in: Erich Gmünder | 31.05.2021 | Keine Kommentare | Tools: