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27.05.2020

Andrea Stöckli zieht weiter

Der private Hort Riethüsli schliesst im Sommer – damit verliert das Riethüsli auch seine Hortleiterin

Wie die gebastelten Ballone im Hort, fliegt auch Andrea Stöckli aus und richtet ihren Blick auf Neues. Foto: Alexandras Grüter

Alexandra Grüter-Axthammer (Riethüsli-Magazin Mai 2020)

Seit 2008 gibt es das Angebot im ehemaligen Kindergarten neben der Turnhalle Riethüsli. Nun schliesst der Hort seine Türen und damit zieht auch die Hortleiterin Andrea Stöckli weiter.

Die Freude an den Kindern und die Leidenschaft für die Arbeit im Hort ist spürbar bei Andrea Stöckli. Die vierfache Mutter erzählt, dass sie mit einem weinenden und einem lachenden Auge Abschied nimmt und sich darauf freut, dass etwas Neues in ihrem Leben beginnen wird. Und wie alles angefangen hat im privaten Hort im Riethüsli. 

Sie suchten als Mutter eine Betreuungsmöglichkeit für Ihre Tochter und besuchten einen Informationsanlass des Elternforums. Sie halfen dann gleich, den Hort aufzubauen und haben ihn seit 2008 geleitet. Wie kam es dazu?

Ich war Primarlehrerin im Schulhaus Boppartshof und alleinerziehende Mutter. Wir lebten im Riethüsli und meine Tochter besuchte den Kindergarten in St. Georgen, weil sie in der Kita St. Georgen war. Später kam sie dann zu einer Tagesmutter im Quartier Riethüsli und konnte so den Kindergarten im Riethüsli besuchen. Die Leiterin der damaligen Kita Pipi Umbrella Freidorf fragte mich, ob ich interessiert wäre, den Hort aufzubauen und zu leiten. Anfangs konnte ich mir das nicht vorstellen, aber dann reizte mich die Aufgabe, einen Hort aufzubauen, wie ich ihn gerne für meine eigene Tochter hätte.

Was hat sich verändert in den letzten Jahren?

Als der Hort startete, gab es in St. Gallen noch viel weniger Betreuungsangebote. Der Hort ist an den Nachmittagen geöffnet und bleibt in den Ferien geschlossen. Ausserdem haben wir nur zwei Tarifstufen. Mittlerweile hat die Stadt ein flächendeckendes Betreuungsangebot aufgebaut mit unbegrenzter Platzzahl, Auffangzeiten, Ferienbetreuung und mehreren Tarifstufen. So ist unser Angebot hier nicht mehr zeitgemäss.

Bestimmt hat sich auch der Platzbedarf verändert, hier stehen nur wenige Räume zur Verfügung. Wie haben sie das gemanagt, dass es für alle Kinder aufging?

Das war nicht immer einfach und verlangte eine gute Organisation. Wir haben die Kinder in Gruppen aufgeteilt, einige machten Hausaufgaben, einige spielten draussen, ein paar halfen in der Küche beim Zvieri vorbereiten, wieder andere bastelten. Was uns fehlte, war ein zweiter Raum, den man zum Beispiel für Hausaufgaben oder als Gumpizimmer hätte nutzen können.

Ausser Ihnen arbeiten auch Praktikantinnen und Praktikanten im Hort. Diese bleiben üblicherweise nur ein Jahr. So mussten Sie sich auch jedes Jahr um die Neubesetzung und der Praktikumsstellen kümmern. War das sehr aufwendig?

Das war eine grosse Herausforderung. Gerade weil wir so wenig Platz haben, wusste ich, dass das Team einfach passen muss. Wir schauten jeweils, dass wir Leute einstellten, für die das Praktikum im Hort für ihren weiteren beruflichen Werdegang relevant war. So absolvierten viele FHS- Studenten das Vorpraktikum bei uns. Kaum hatten sich die PraktikantInnen eingelebt und waren wir zu einem gut funktionierenden Team geworden, nahte bereits wieder der Abschied.

Was werden Sie vermissen, wenn Sie im Juli hier fortgehen?

Das freie Schaffen. Meine eigene Chefin zu sein und nicht nach einem engen Konzept arbeiten zu müssen. Mir war wichtig, dass der Hort ein familiärer und warmer Ort für die Kinder ist. Ein Ort, an den ich meine Kinder gerne geben würde. Ich wollte eine kreative, vielfältige Welt schaffen, wo jedes Kind andocken kann. Es sollte nie ein Ort sein, in dem die Kinder nur gehütet werden. Ich wollte ein spannendes Freizeitangebot bieten, wo die Kinder auch sprachlich, kognitiv und in den sozialen Kompetenzen gefördert werden. Die Kinder unterstützen und begleiten in ihrem Tun. Und ihnen aber auch beistehen, so dass sie ihre eigene Persönlichkeit entwickeln können. Es war eine wirklich gute Zeit hier im Riethüsli.

Worauf freuen Sie sich?

Darauf, dass ich selbst wieder etwas lernen kann. Im Sommer starte ich berufsbegleitend für zwei Semester das Studium Stufenerweiterung für Kindergarten in Zürich. Nebenbei arbeite ich im Teilzeitpensum in einem Kindergarten. Alles unter einen Hut zu bringen, mit Studium, Arbeit und Familie wird eine Herausforderung, aber ich freue mich darauf.

Was steht in den nächsten Wochen noch?

Das neue Betreuungsangebot der Stadt kommt auch in diese Räume, trotzdem müssen wir noch einiges räumen und ausmisten. Ausserdem stehen noch die Verabschiedungen der Praktikanten an, und natürlich ein Abschluss mit den Kindern und Eltern. Wir haben bereits Pläne, wie das aber nun genau aussehen wird, wissen wir noch nicht. Noch ein letztes Mal im Hort zu übernachten, wäre aber der Wunsch aller Hortkinder.

Andrea wird uns fehlen

Seit 2008 und damit von Anfang an und bis heute ist Andrea Stöckli als Hortleiterin für die familienergänzende Betreuung der Schulkinder im Riethüsli verantwortlich. In den ersten beiden Jahren unter der privaten Organisation Pipi Umbrella Freidorf, und als diese den Hort schloss, für den privaten Verein Hort Riethüsli, der von engagierten Eltern gegründet und bewirtschaftet wurde.

Andrea hat während der vergangenen Jahre den Hort und die anvertrauten Kinder mit viel Engagement, Kreativität und liebevoller Zuwendung betreut. Der Hort im Riethüsli war und ist nicht nur eine Betreuungsstation, sondern auch ein Ort, in dem Gemeinschaftssinn und Zusammenhalt über die verschiedenen Altersstufen hinweg gefördert wurden.

Der private Verein Hort Riethüsli schliesst im Sommer und wird durch das Angebot der Stadt St. Gallen abgelöst. Gemeinsam mit den Praktikanten und Praktikantinnen hat Andrea Stöckli den Hortvorstand und die Eltern bei ihrer Stimmensammlung (Petition) für eine familienergänzende Betreuung durch die Stadt St. Gallen unterstützt.

Für Andrea Stöckli ist dies nun die Möglichkeit, sich der bereits länger angedachten, aber für den Hort Riethüsli hinausgezögerten Neuorientierung zu widmen. Auch ihre vier Kinder sind nun in einem Alter, welches es zulässt, dass sie ihr Tätigkeitsfeld ausweitet.

Sie wird den Eltern im Riethüsli fehlen. Wir wünschen ihr viel Glück und viel Erfolg für die Verwirklichung ihrer Vorhaben!

Jeannette Leuch, Präsident Verein Hort Riethüsli

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